Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P71
DOI: 10.1055/s-0033-1337212

Dysregulation des linken inferioren parietalen Kortex in Depression und Schizophrenie: funktionelle Konnektivität und Charakterisierung

VI Müller 1, 2, EC Cieslik 1, 2, AR Laird 3, PT Fox 3, SB Eickhoff 1, 2
  • 1Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Institut für klin. Neurowissenschaften und med. Psychologie, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1), Jülich, Deutschland
  • 3University of Texas Health Science Center at San Antonio, Research Imaging Institute, San Antonio, Vereinigte Staaten Von Amerika

Einleitung: Der inferiore parietale Kortex ist eine heterogene Region, dessen Funktion aufgrund seiner Beteiligung bei einer Vielzahl verschiedener Aufgaben und Prozesse bislang noch weitgehend ungeklärt ist. In einer Vorgängerstudie konnten wir zeigen, dass Patienten mit Depression während der Verarbeitung von emotional kongruenter audiovisueller Information, den linken inferioren parietalen Kortex (IPC) weniger stark deaktivieren als gesunde Kontrollen. Diese Dysregulation konnte nun in derselben Region und Bedingung auch für Patienten mit Schizophrenie gezeigt werden. Ziel vorliegender Studie ist es daher, jene Region des linken (hinteren) IPC, die sowohl bei Depression als auch bei Schizophrenie dysreguliert ist, hinsichtlich Konnektivität und Funktion zu charakterisieren. Methode: Es wurden die aufgabenunabhängige (Resting-State) sowie aufgabenabhängige (MACM) Konnektivität der inferior parietalen seed-Region, sowie die funktionellen Antworteigenschaften dieser Netzwerke untersucht. Ergebnisse: Es zeigte sich sowohl in der aufgabenabhängigen als auch in der aufgabenunabhängigen Analyse signifikante funktionelle Konnektivität mit dem bilateralen inferior parietalen Kortex (IPC), dem posterioren cingulären Kortex und Präcuneus (PCC/PrC), dem medialen orbitofrontalen Kortex (mOFC) sowie dem linken superioren frontalen Kortex (SFC). Während IPC und PCC/PrC Koaktivierung überzufällig häufig in kognitiven Experimenten, vor allem in Zusammenhang mit Gedächtnis, sozialer Kognition und Sprache gefunden werden konnte, aktivierten IPC und mOFC sowohl während kognitiver Gedächtnisprozesse als auch in Zusammenhang mit emotionaler Verarbeitung. IPC, PCC/PrC und mOFC Koaktivierung konnte ausschließlich bei Gedächtnisexperimenten gefunden werden. Für den SFC ergab sich ebenfalls, dass dieser gemeinsam mit dem linken IPC im Gedächtniskontext aktiviert. Diskussion: Jene Region, die sowohl bei Depression als auch bei Schizophrenie dysreguliert ist, ist funktionell mit einem Netzwerk von Regionen verbunden die je nach Aufgabenanforderung Subnetzwerke bilden. Zum einen zeigt sich, dass das gesamte Netzwerk bei kognitiven Gedächtnisprozessen beteiligt ist. Zum anderen ergab sich, dass der linke IPC vor allem bei emotionalen Experimenten zusammen mit dem mOFC rekrutiert wird, während PrC/PCC Koaktivierung vor allem während sozialer Kognition und Sprachprozessen zu finden ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Dysregulation des linken IPC in Schizophrenie und Depression nicht nur auf defizitäre audiovisuelle Integration hinweist, sondern möglicherweise in Zusammenhang mit Gedächtnisproblemen und Defiziten in der Emotionsverarbeitung in diesen Patientengruppen steht.