Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P70
DOI: 10.1055/s-0033-1337211

Altern und kognitive Handlungskontrolle: Veränderungen der Performanz und funktionellen Konnektivität

R Langner 1, EC Cieslik 1, SD Behrwind 2, C Roski 2, S Caspers 3, K Zilles 3, SB Eickhoff 1
  • 1Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Klinische Neurowissenschaften & Medizinische Psychologie, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften & Medizin (INM-2), Jülich, Deutschland
  • 3Forschungszentrum Jülich, Institut für Neurowissenschaften & Medizin (INM-1), Jülich, Deutschland

Einleitung:

Schnelle Wahlreaktionen werden durch räumlich inkompatible Stimulus-Reaktions-(SR) Verknüpfungen verlangsamt, da automatisch aktivierte Antworttendenzen durch kognitive Kontrolle überwunden werden müssen. Frühere Arbeiten fanden eine stärkere Verlangsamung mit höherem Lebensalter. Hier untersuchten wir, ob dieser Alterseffekt unabhängig ist von potentiellen Mediatorvariablen wie allgemeiner Reaktionsgeschwindigkeit, visuomotorischer Koordination und kognitiver Flexibilität. Um neuronale Grundlagen des altersabhängigen S-R-Inkompatibilitätseffekts zu untersuchen, testeten wir, ob Altern zu Veränderungen der funktionellen Konnektivität (FK) zwischen Hirnregionen führt, die mit räumlich inkompatiblen Wahlreaktionen assoziiert sind.

Methode:

26 junge (20 – 29J., MW = 24,9) und 27 ältere (50 – 73J., MW = 59,4) gesunde Probanden führten eine Wahlreaktionsaufgabe aus, die schnelle links- oder rechtshändige Reaktionen auf lateralisierte visuelle Stimuli erforderte. S-R-Kompatibilität wurde blockweise variiert. Zusätzlich wurden motorische Geschwindigkeit, visuomotorische Koordination und kognitive Flexibilität getestet. Für die FK-Analyse wurden Ruhe-fMRT-Daten von 399 gesunden Probanden (Alters-Range: 18 – 85J.) verwendet. Das aufgabenbezogene Netzwerk für die FK-Analyse wurde aus einer früheren fMRT-Studie mit gleicher Aufgabe [1] gewonnen. Es bestand aus bilateralem intraparietalen Sulcus (IPS), dorsalen prämotorischen Kortex, anteriorer Insel, prä-SMA sowie der rechten temporoparietalen Übergangszone (TPJ) und dem dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC). Für jeden Probanden wurden die BOLD-Signalverläufe aller 9 Cluster miteinander korreliert. Die daraus resultierenden FK-Maße wurden Fisher-Z-transformiert und mit dem Alter der Probanden korreliert.

Ergebnisse:

Die Reaktionsverlangsamung bei S-R-Inkompatibilität war im Alter gesteigert und blieb nach Auspartialisierung der mittleren Reaktionsgeschwindigkeit und Fehlerrate in kompatiblen Aufgabenblöcken sowie Maßen motorischer Geschwindigkeit, visuomotorischer Koordination und kognitiver Flexibilität signifikant. Positive FK im Ruhezustand sank mit dem Alter zwischen mehreren Netzwerkknoten, vor allem zwischen bilateraler Insel, prä-SMA und rechtem DLPFC. Ein altersbedingter FK-Anstieg fand sich zwischen prä-SMA und bilateralem IPS.

Schlussfolgerungen:

Die Verhaltensdaten weisen darauf hin, dass die Verlangsamung bei der Lösung von Reaktionskonflikten, die durch räumliche S-R-Inkompatibilität entstehen, ein spezifisches Defizit kognitiver Kontrolle bei älteren Menschen darstellt und nicht durch globale kognitive Verlangsamung oder Unterschiede in potentiellen Mediatorvariablen erklärt wird. Die selektive FK-Abnahme zwischen präfrontalen Netzwerkknoten spricht für altersbedingte Defizite in der Kommunikation zwischen Regionen, die das relevante Aufgabenschema repräsentieren und könnte zu einer reduzierten Effizienz bei der Durchsetzung von Handlungsabsichten gegen dominante Reaktionstendenzen beitragen.

Referenz:

[1] Cieslik EC et al. (2010). J Neurophys 104:1472 – 83.