Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P57
DOI: 10.1055/s-0033-1337198

Subregionale Spezialisierung der menschlichen Amygdala: Struktur, Konnektivität und Funktion

D Bzdok 1, A Laird 2, K Zilles 1, P Fox 2, S Eickhoff 1
  • 1Heinrich Heine University, Düsseldorf, Deutschland
  • 2Research Imaging Institute, San Antonio, Vereinigte Staaten Von Amerika

Einleitung:

Die menschliche Amygdala wird typischerweise mit der Verarbeitung von angstauslösenden und unangenehmen Stimuli in Verbindung gebracht. Jüngere Forschung erweiterte dieses Konzept zur generellen Extraktion von biologischer Umgebungssignifikanz (Sander et al. 2003). Ihre funktionelle und konnektionale Heterogenität wurde bisher insbesondere mittels Läsionsstudien, Einzelzellableitungen und Tracing-Studien in Ratten und Affen untersucht. Da gängige Konzepte der Subspezialisierung der menschlichen Amygdala nahezu ausschließlich auf Tierforschung beruhen, haben wir hier die Organisation dieser Region durch einen neuroinformatischen Ansatz basierend auf in-vivo-Daten im Menschen untersucht.

Methode:

Die Seedregion wurde aus zytoarchitektonischen Wahrscheinlichkeitskarten gewonnen, welche die Voxel definieren, welche mikroskopisch am konsistentesten in der Amygdala lagen (Amunts et al. 2005). Erstens wurde jeder Voxel der Seedregion mittels der BrainMap-Datenbank seinem Gesamthirn-Koaktivierungsmuster zugeordnet. Seedvoxel mit ähnlichen Konnektivitätsmustern wurden dann per Clusteralogorithmus gruppiert (Eickhoff et al. 2011). Zweitens wurden für jeden so gefundenen intra-amygdalaren Cluster die Aufgaben-basierten Konnektivitätskarten berechnet. Drittens wurden diese Cluster mithilfe der BrainMap-Taxonomie funktionell charakterisiert.

Ergebnisse:

Die gefunden drei Amygdalacluster zeigten eine sehr gute Korrespondenz mit den histologisch bekannten laterobasalen (LB), zentromedialen (CM) und superfizialen (SF) Amygdalakernen (Amunts et al. 2005).

Die Konnektivitätsanalyse per ALE-Metaanalyse von koaktivierenden BrainMap-Experimenten verband LB hauptsächlich mit assoziativen Regionen für höheren visuellen und auditiven Input. CM war mit Regionen für motorische, viszerale und somatosensorische Verarbeitung sowie perzeptuelle Modulation verbunden. SF war mit Regionen für Belohungsvorhersage, Geruchswahrnehmung und soziale Informationsverabeitung verbunden.

Die funktionelle Charakterisierung der Cluster per BrainMap-Metadaten assoziierte alle drei Cluster mit Emotions- und Gesichtsverarbeitung. Zusätzlich war nur LB mit Gedächtnis- und nur SF mit Geruchsverarbeitung assoziiert.

Diskussion:

Die model-freie konnektivitäts-basierte strukturelle Parzellierung der menschlichen Amygdala war im Einklang mit jüngeren zytoarchitektonischen Einteilungen. Die anschließenden Konnektivitäts- und Funktionsanalysen belegen die Rolle des LB-Kerns in der Verarbeitung und Integration von Umgebungsinformationen. Der CM-Kern ist anscheinend mit attentionalen, vegetativen und motorischen Antworten assoziiert. Der teilweise vernachlässigte SF-Kern wurde mit olfaktorischer und sozialer Informationsverarbeitung verbunden. Anhand der menschlichen Amygdala wurde so demonstriert, dass Struktur, Konnektivität und Funktion drei unterschiedliche Organisationsdimensionen derselben Heterogenität im menschlichen Gehirn sein könnten.