Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P56
DOI: 10.1055/s-0033-1337197

Nicht-invasiver ‚single-trial' Nachweis synchronisierter corticaler Aktionspotentiale in somatosensorisch evozierten hochfrequenten (> 600 Hz) Potentialen

G Waterstraat 1, M Burghoff 2, T Fedele 1, 2, HJ Scheer 2, B Telenczuk 1, 3, G Curio 1
  • 1Charite Universitätsmedizin Berlin, Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie, Berlin, Deutschland
  • 2Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Berlin, Deutschland
  • 3Humboldt-Universität zu Berlin, Theoretische Biologie, Berlin, Deutschland

Einleitung: Den niederfrequenten somatosensorisch evozierten Potentialen (SEP) sind um 20 ms post-stimulus hochfrequente Oszillationen (HFO; > 600 Hz) thalamocorticalen und corticalen Ursprungs übergelagert, denen synchronisierte corticale Aktionspotentiale zugrunde liegen. Bisher erforderte der Nachweis dieser niederamplitudigen Oszillationen aufgrund des geringen Signal-Rausch-Verhältnisses eine Mittelung über tausende Reizantworten. Neue Verstärkertechnologie sowie die Anwendung optimierter räumlicher Filter erlauben nun den nicht-invasiven Nachweis auch ohne Mittelung.

Methoden: Für die SEP-Messung mittels 29-Skalp-Elektroden wurden spezifisch konstruierte EEG-Verstärker mit geringer Rauschamplitude (4,8 nV/Hz1/2) in einer abgeschirmten Messkammer verwendet. Der N. medianus wurde bilateral alternierend mit einer Frequenz von 5 Hz pro Seite jeweils über der motorischen Schwelle stimuliert. Nach Frequenzbandfilterung (650 – 750 Hz) erfolgte eine räumliche Filterung mittels Common Spatial Patterns (CSP), durch die das Verhältnis der Varianzen zwischen HFO-Zeitfenster und einem späteren, signalfreien Rauschfenster maximiert wird.

Ergebnisse: Nach räumlicher und Frequenzfilterung konnten – mit variierender Verlässlichkeit – bei allen vier untersuchten Probanden hochfrequente evozierte Oszillationen im ‚single trial' nachgewiesen werden. Das mediane Verhältnis der Varianzen zwischen HFO- und Rauschfenster lag im Mittel (über acht Hemisphären) bei 1,9 (Bereich: 1,05 – 3,37). Bei 5 von 8 Messungen mit einem medianen Varianzverhältnis im ‚single trial' von über 1,5 ließen sich synchronisierte HFO auch bei visueller Inspektion der einzelnen Antworten entlang der Stimulussequenz detektieren.

Diskussion: Eine gezielte Hard- und Software-Optimierung erlaubt die Minimierung von Rauscheinflüssen im hochfrequenten Bereich, wodurch zuvor im Rauschen überdeckte niederamplitudige physiologische hf-SEP Komponenten erstmals auch im ‚single trial' nicht-invasiv detektiert werden können. Die Übertragung dieser optimierten Messtechnik auf die Registrierung spontaner epileptischer HFO könnte eine nicht-invasive Messung auch dieser pathologischen Potentiale möglich machen.