Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P51
DOI: 10.1055/s-0033-1337192

Der relative Beitrag der Fascia thoracolumbalis an der Entstehung von Rückenschmerzen beim Menschen

A Schilder 1, W Magerl 1, J Benrath 2, RD Treede 1, T Klein 1
  • 1Lehrstuhl für Neurophysiologie, CBTM, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim, Deutschland
  • 2Schmerzzentrum, Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Mannheim, Mannheim, Deutschland

Einleitung:

Tierexperimentelle Befunde legen nahe, dass die Fascia thoracolumbalis (FT) einen entscheidenden Faktor bei der Pathogenese lumbaler Rückenschmerzen (LBP) spielen könnte. In einer humanexperimentellen Studie haben wir den relativen Beitrag unterschiedlicher Tiefengewebe (Subkutis, Faszie und Muskel) an der Entstehung von LBP untersucht.

Material/Methode:

In einer dreifach-cross-over Studie wurden mithilfe einer ultraschallgesteuerten Bolus-Injektion 400 µl hypertone NaCl-Lösung (5,8%) auf Höhe L3 und L4 in entweder die Subkutis, FT oder den Musculus erector spinae (MES) von 12 gesunden Probanden (6 Frauen; 24 ± 1,5 Jahren (MW ± SD)) injiziert. Die Reihenfolge der einzelnen Injektionen wurde über die Probanden balanciert. Um Übertragungseffekte ausschließen zu können lagen zwischen den Versuchstagen mindestens fünf Tage. Als Kontrolle diente eine Injektion isotoner NaCl-Lösung (0,9%) auf der kontralateralen Seite. Während einer Dauer von 25 Minuten wurde die Schmerzhaftigkeit der NaCl-Injektion anhand einer numerischen Rating Skala (NRS 0 – 100) erfasst. Auch die Druckschmerzschwellen (PPT) über dem betroffenen Areal wurden vor und nach jeder Injektion bestimmt. Des Weiteren wurden Schmerzqualität und Schmerzausstrahlung erfragt. Um eine sekundäre Normalverteilung zu erreichen, wurden sowohl die Schmerzratings als auch die PPT's log-transformiert und nachfolgend mit ANOVA analysiert.

Ergebnisse:

Die maximale Schmerzintensität war nach intramuskulärer hypertoner NaCl-Injektion (re-transformierte MW 18,0/100 NRS) im Vergleich zur intrafaszialen Injektion (43,2/100) um 58% (p < 0,01) und im Vergleich zur subkutanen Injektion (30,4/100) um 41% (p < 0,05) erniedrigt (ANOVA; F = 8,1, p < 0,01). Der zeitliche Verlauf der Schmerzintensitäten innerhalb 15 Minuten nach erfolgter hypertoner NaCl-Injektion wies zwischen allen Geweben signifikante Unterschiede auf (alle p < 0,0001).

Es zeigte sich eine Sensibilisierung auf Druckschmerz nach erfolgter intramuskulärer hypertoner NaCl-Injektion (ANOVA; Faktor: Gewebe x NaCl-Konzentration; F = 5,3, p < 0,05). Die mittlere PPT war nach intramuskulärer Injektion gegenüber der Baseline und der Kontrollseite um 10,1% reduziert (p < 0,01 vs. Baseline), wohingegen nach Injektion in die Faszie (+6,7%; p < 0,05 vs. MES) und Subkutis (+3,1%; p < 0,05 vs. MES) keine signifikante Veränderung der Druckschmerzempfindlichkeit gegenüber der Baseline nachzuweisen war.

Eine Injektion hypertoner Kochsalzlösung in die FT führte zu einer erhöhten Schmerzausstrahlung (p < 0,01 vs. ES und p < 0,05 vs. Subkutis) und zu affektiven und sensorischen Schmerzqualitäten.

Diskussion:

In dieser Studie wird eine mögliche Beteiligung der Fascia thoracolumbalis bei der Entstehung von LBP aufgezeigt. Möglicherweise kann eine erhöhte Schmerzhaftigkeit der Faszie, hier induziert durch Natriumchlorid, als positiver Vorhersagefaktor sowie als Ursache zur Entstehung von LBP bewertet werden.

Gefördert durch BMBF (Förderkennzeichen: 01EC1010B).