Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P47
DOI: 10.1055/s-0033-1337188

Downbeat-Nystagmus: Disinhibition utriculärer Otolithenbahnen – Untersuchung mittels vestibulär evozierter myogener Potenziale

T Bremova 1, M Strupp 1
  • 1Klinikum Großhadern, Deutsches Schwindelzentrum, München, Deutschland

Einleitung: Als Ursache des Downbeat-Nystagmus (DBN) wird eine beidseitige Funktionsstörung des cerebellären Flocculus mit verminderter Freisetzung von GABA und einer dadurch bedingten Disinhibition des Ncl. vestibularis sup. angenommen.

Hypothese: Durch die verminderte GABA-Freisetzung flokullärer Purkinjezellen kommt es auch zur Disinhibition von Otolithenbahnen, insbesondere des Utriculus. Die Funktion des Utriculus lässt sich mittels Messung der Amplitude der okulären vestibulär evozierten myogenen Potenziale (oVEMP) bestimmen. Bei Patienten mit DBN sollte eine Disinhibition zu einer Erhöhung der oVEMP Amplituden führen. Da den cervikalen VEMP (cVEMP) – zur Messung der Sacculusfunktion – ein vestibulo-cervicaler Reflex zugrunde liegt, sollten die cVEMP Amplituden bei Patienten mit DBN nicht verändert sein.

Patienten und Methodik: 30 Patienten mit cerebellären Okulomotorikstörungen mit DBN (N = 16, 8 F, Alter 73,4 ± 10,8 Jahre) und mit isolierten cerebellären Okulomotoristörungen ohne DBN (N = 14, 8 F, Alter 72,1 ± 9,1 Jahre) sowie eine altersangepasste Kontrollgruppe Gesunder (N = 16, 4 F, 72,6 ± 4,8 Jahre) wurden prospektiv mit oVEMP und cVEMP untersucht. Die statistische Analyse erfolgte mittels ANOVA-Test mit Scheffe post-hoc.

Ergebnisse: Die DBN Gruppe zeigte sowohl im Vergleich zu den Patienten mit isolierten cerebellären Okulomotorikstörungen als auch im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant erhöhte oVEMP Amplituden (DBN: n10 Amplituden: 16,58 ± 7,16µV; PP Amplituden: 32,58 ± 11,52µV; isolierte cerebelläre Okulomotorikstörungen: n10: 8,80 ± 4,23µV, PP: 19,05 ± 8,82µV; Kontrollgruppe: n10: 9,96 ± 2,71µV, PP: 23,01 ± 8,82µV,

Diskussion: Die signifikant erhöhten oVEMP Amplituden bei Patienten mit DBN stützen die Hypothese des beim DBN reduzierten flokkulären inhibitorischen Input zu den Vestibulariskernen und der daraus resultierenden Disinhibition utrikulärer Otolithensignale. Dadurch lässt sich auch die Gravitationsabhängigkeit sowohl der Intensität des DBN als auch der Amplitude der oVEMP erklären. Dies ist spezifischer Effekt beim DBN und nicht bei anderen cerebellären Okulomotorikstörungen. Die nicht veränderten cVEMP beim DBN lassen sich dadurch erklären, dass die Bahnen des sakkulären vestibulo-cervikalen Reflexes direkt zum M. sternocleidomastoideus verlaufen.

Literatur:

1. Welgampola MS, Colebatch JG. Characteristics and clinical applications of vestibular-evoked myogenic potentials. Neurology. 2005;64(10):1682C8.

2. Marti S., Straumann D, Glasauer S The origin of downbeat nystagmus: an asymmetry in the distribution of on-directions of vertical gaze-velocity purkinje cells, Experimental Brain Research, 2008; 188 (4) 613 – 631