Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P45
DOI: 10.1055/s-0033-1337186

Frühdiagnostik distaler Neuropathien durch Ableitung mechanisch evozierter Potenziale (Vibrations- und Impulsstimulation)

M Süße 1, B Liske 1, C Frischholz 1, A Melms 1, U Ziemann 1
  • 1Universität Tübingen, Neurologie, Tübingen, Deutschland

Einleitung:

In der Klinik routinemäßig eingesetzte elektrophysiologische Methoden (Neurografien und evozierte Potenziale) sind valide Instrumente zur Diagnostik von Neuropathien. Sie weisen jedoch einige Nachteile auf. Zum einen werden unphysiologische, schmerzhafte Stimuli angewendet, zum anderen erfolgt durch die proximale Anwendung an Nervenstämmen eine Umgehung der Mechanorezeptoren: Eine Beurteilung einzelner sensibler Qualitäten und eine elektrophysiologische Frühdiagnostik distaler Neuropathien ist somit nicht möglich. In vorangehenden Arbeiten wurde gezeigt, dass mechanisch evozierte Potenziale normierbar und als ergänzende elektrophysiologische Methode einsetzbar sind (Liske et al. DGKN 2012).

Methoden:

Es erfolgte die Messung der kortikalen Potentialantwort auf mechanisch evozierte Potenziale als abgestufte Vibrationsstimulation (2/8 – 8/8, Kalibrierung anhand der Vibrationsgabel von Rydel-Seiffer, 60 Hz) und als Stimulation durch mechanischen Impuls, induziert durch einen Hubmagneten, bei 21 Patienten mit gesicherten distal-symmetrischen Neuropathien. Anhand der von unserem Labor zuvor etablierten Methodik und Normwerte (u.a. Frischholz und Liske, DGKN 2012) erfolgte eine diagnostische Befundbewertung.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen:

Es zeigten sich für alle Vibrationsstufen evozierbare Kurven ohne signifikante Latenzverlängerungen, jedoch mit einer deutlichen Amplitudenreduktion bei zunehmender Impulsbreite. Durch Impulsstimulation evozierte Potenziale weisen ähnliche Ausfallsraten wie in gleicher Untersuchung elektrisch evozierte Potenziale auf und sind somit ein gleichwertiges Verfahren mit dem Vorteil der nicht schmerzhaften Stimulussetzung. Zusammenfassend sind durch abgestufte Vibrationsstimulation evozierte Potenziale eine objektivierbare Methodik, welche es erlaubt, selektive Vibrationsminderungen elektrophysiologisch darzustellen. Somit sind sie ein hilfreiches, wirtschaftlich günstiges Instrument, um eine Frühdiagnostik von Neuropathien durchzuführen und in Folge dessen frühzeitig therapieren zu können.

Affiliation: Abt. Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen und Hertie-Institut für klinische Hirnforschung