Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P33
DOI: 10.1055/s-0033-1337174

Bewegungsregulation bei schnellen Drehbewegungen im Sport – ein methodischer Ansatz

J Krug 1, C von Laßberg 2, K Knoll 3, S Kerner 1, 3, M Witt 1
  • 1Universität Leipzig, Sportwiss. Fakultät, Leipzig, Deutschland
  • 2Universität Tübingen, Institut für Sportmedizin, Tübingen, Deutschland
  • 3Institut für Angewandte Trainingswissenschaft, Leipzig, Deutschland

Problem: In verschiedenen Sportarten werden bei Drehbewegungen um die longitudinale Achse bis zu 6 Drehungen und um die transversale Achse über 3 Drehungen pro Sekunde erreicht. Bei kombinierten Drehbewegungen ist die Anforderung an die Bewegungsregulation noch wesentlich schwieriger zu operationalisieren. Unsere Kenntnisse zu den Auswirkungen der Beschleunigungen bei den Drehbewegungen auf verschiedene Reflexe (z.B. cervikotonische und okulomotorische Reflexe) und auf die Spinalmotorik unter den besonderen Bedingungen sportlicher Bewegungsanforderungen sind lückenhaft. In verschiedenen Projekten (gefördert vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft) wurde ein spezielles Instrumentarium entwickelt, um die Bewegungsregulation bei schnellen Drehbewegungen zu untersuchen.

Methode: Mit Drehsimulatoren für die Vertikalachse (Längsachsendrehgerät), Transversalachse (Saltodrehgerät) und für mehrdimensionale Drehungen mit dem Vestibularissstimulationsgerät des MPI Tübingen und dem Folgesystem (multiaxialer Roboter des MPI Tübingen der Fa. Kuka, Augsburg) sowie im Training wurden Drehbewegungen untersucht. Insgesamt wurden ein Videookulografiesystem (Fa. Chronos Vision, Berlin; Fa. Interacoustics, Dänemark; Fa. Kienzle, Stuttgart), ein 3D-Beschleunigungsmesser (Velamed: DTS 3D Akzelerometer Sensor 16G) auf einer individuell angefertigten Otoplastik (Fa. Gromke Hörgerätezentrum, Leipzig), ein EMG-System (Fa. Noraxon) für die maßgeblich die Drehbewegung steuernden Muskeln eingesetzt. Die genannten Systeme wurden mit Bildaufnahmen der Bewegungen (Vicon in Tübingen, Videokameras in Leipzig) synchronisiert. Mit einer dynamometrischen Plattform (Firma Kistler) wurden die Belastungsnachwirkungen nach Vorgaben der International Society of Posturography erfasst.

Ergebnisse: Bei Bewegungen mit mittleren Schwierigkeitsgrad (etwa 1000 °/s) bei einem Doppelachsel im Eiskunstlaufen und 750 °/s bei kombinierten Drehungen im Wasserspringen werden bereits Beschleunigen von etwa 10 g am Ohr der Probanden gemessen. Die Bewegungsregulation ist unter diesen Bedingungen bei trainierten Sportlern nicht beeinträchtigt. Bei relativ langsamen Bewegungen von Turnern im Vestibularisstimulationsgerät korrelierten die Drehbewegungen mit den aufgezeichneten Augenbewegungen. Allerdings funktioniert die Blickkontrolle bei schnellen Drehbewegungen im Training nur noch eingeschränkt. Untrainierte Probanden haben bereits für mehrere Sekunden erhebliche Schwierigkeiten mit den Nachwirkungen der Drehbelastung.

Folgerungen: Von Laßberg (2007) hat basierend auf den bisherigen Ergebnissen ein 4-Funktionen Modell der okulomotorischen Orientierungsregulation bei Rotationsbewegungen im Flug aufgestellt, welches sich in weiteren Untersuchungen bewähren muss.

Literatur:

Bernstein, NA. Dexterity and Its Development (Lea's Communication). Mawah, USA: Lawrence Erlbaum, 2009.

Vickers, JN. Perception, Cognition and Decision Training. The Quiet Eye in Action. Champaign, USA: Human Kinetics, 2007.

von Laßberg, C. Okulomotorische Orientierungsregulation bei multiaxialen Ganzkörperrotationen. Köln: Sportverlag Strauß, 2007.