Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P27
DOI: 10.1055/s-0033-1337168

Veränderung der intrakortikalen Inhibition und kortikalen Plastizität bei einer Patientin mit tardiver Dystonie nach Tiefer Hirnstimulation

D Kroneberg 1, A Kühn 1, C Brücke 1, GH Schneider 2
  • 1Charité Berlin, Neurologie, Berlin, Deutschland
  • 2Charité, Neurochirurgie, Berlin, Deutschland

Einleitung: Die tiefe Hirnstimulation (THS) im Globus pallidus internus (GPi) ist eine wirksame Therapieoptionen bei Patienten mit neuroleptikainduzierter tardiver Dystonie. Das Ansprechen auf die DBS ist in Effekt und Dynamik verschieden von Patienten mit idiopathischer Dystonie. Bisherige TMS-Studien zeigten bei idiopathischen Dystonien eine defizitäre intrakortikale Inhibition sowie eine gesteigerte Plastizität. Veränderungen der kortikalen Erregbarkeit sind bei Patienten mit tardiver Dystonie bisher nicht untersucht.

Methode: Wir untersuchten mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) die Veränderung der intrakortikalen Inhibition (SICI für 2 und 3 ms) und der kortikalen Plastizität (PAS) bei einer Patientin mit tardiver Dystonie zu 5 Zeitpunkten nach THS: a) während effektiver THS (ON), b) nach Abschalten der THS (OFF) für 3 und 6 Tage sowie 3 und 12 Monate. Die TMS erfolgte über dem motorischen Kortex. Als Reizintensitäten wurden 130% der motorischen Ruheschwelle für überschwellige Einzel- und gekoppelte Reize sowie 80% der aktiven motorischen Schwelle für unterschwellige gekoppelte Reize verwendet. Bei der gepaarten assoziativen Stimulation wurde der Einzelreiz mit einem 25 ms davor appliziertem peripheren elektrischen Stimulus über den N. ulnaris kombiniert. Abgeleitet wurden Muskelsummenaktionspotentiale über dem M. dorsalis interosseus I (FDI) und dem M. adductor pollicis brevis (APB).

Ergebnisse: Bei optimaler Symptomsuppression unter THS (BFMDRS prä-op 47 vs. ON 4) zeigte die Patientin eine SICI von 33,1% (± 37,4 SD) und einen ausgeprägten PAS-Effekt von 213,7%. Im OFF kam es verzögert nach 6 Tagen zu einer dann anhaltenden Abnahme der intrakortikalen Inhibition (56,6%± 37,1; p = 0,017). Dem gegenüber war der PAS-Effekt transient nach Abschalten der THS reduziert (3 d: 156,9; 6 d: 127,3%; p<0,05) mit dann erneuter Zunahme nach 3 Monaten (3 Mo: 186,0; 12 Mo:189,5%; p<0,05).

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen erstmals den Einfluss der THS auf kortikale Erregbarkeit bei tardiver Dystonie. Analog zu den Beobachtungen bei Patienten mit DYT1 Dystonie (Ruge et al., 2011) ist auch bei unserer Patientin die hohe kortikale Plastizität (PAS) mit einem anhaltend guten klinischen Effekt trotz abgeschalteter THS assoziiert.