Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P24
DOI: 10.1055/s-0033-1337165

Topographische Verteilung von Synergien aus TMS-induzierten Fingerbewegungen – eine Pilotstudie

C Fricke 1, JJ Rumpf 1, R Gentner 2, J Claßen 1
  • 1Universitätsklinikum Leipzig, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Leipzig, Deutschland
  • 2Santa Lucia Foundation, Department of Neuromotor Physiology, Rom, Deutschland

Einleitung:

Es gibt Hinweise darauf, dass das Gehirn Bewegungen durch Kombination einzelner Bewegungsmodule oder -synergien generiert. Diese können durch Matrixfaktorisierungen (z.B. Hauptkomponentenanalysen) aus Willkürbewegungen und TMS-induzierten Bewegungen extrahiert werden(1, 2). Die topographische Verteilung dieser Synergien über dem Motorkortex kann einen wichtigen Einblick in die funktionelle Bedeutung dieser Synergien geben. Hier soll untersucht werden, ob elementare Synergien einer anderen anatomischen Verteilung unterliegen als höher geordnete Synergien.

Material/Methode:

In dieser Pilotstudie wurden nach Zustimmung der Ethikkommission bislang 3 männliche Probanden untersucht (mittleres Alter: 24,3J.). 15 TMS-Impulse wurden mit 0,25 Hz an 49 rasterförmig angeordneten Stimulationsorten (7 × 7 Punkte in jeweils 8 mm Abstand), die über dem linken Motorkortex positioniert waren, randomisiert appliziert. Die Stimulationsposition wurde mit individuellen MRT-Datensätzen der Probanden durch ein Neuronavigationssystem koregistriert. TMS-induzierte Bewegungen wurden mit einem Datenhandschuh durch 10 Biegesensoren über den Fingergelenken registriert (10 Freiheitsgrade). Muskelsynergien aus den Stimulationsdaten wurden durch Hauptkomponentenanalyse extrahiert. Die Verteilung der erhaltenen Hauptkomponenten über dem Stimulationsareal wurde zunächst visuell analysiert. Der Jebsen-Taylor-Test of Hand Function wurde durchgeführt, um einen Datensatz mit vergleichbaren Willkürbewegungen aufzuzeichnen. Zur Beurteilung der funktionellen Relevanz der berechneten Bewegungssynergien wurde eine Rekonstruktion der Bewegungen des Jebsen-Taylor-Tests aus den Stimulationsdaten und randomisierten Stimulationsdaten berechnet.

Ergebnisse:

Im Mittel wurden 3,33 Hauptkomponenten benötigt um mindestens 90% der Varianz der aufgezeichneten TMS-induzierten Fingerbewegungen zu erklären. Bei allen Probanden erschienen die Faktorladungen der ersten Hauptkomponente inhomogen verteilt, bei einem Probanden auch die Ladungen der zweiten Hauptkomponente ohne dass ein anatomisches Verteilungsmuster nachweisbar war. Die übrigen Hauptkomponenten erschienen nicht inhomogen verteilt. Die Rekonstruktionsqualität der Daten des Jebsen-Taylor-Testes war signifikant besser aus den Stimulationsdaten verglichen mit randomisierten Daten möglich (p = 0,008).

Diskussion:

Der Nachweis einer distinkten topographischen Verteilung TMS-induzierter Muskelsynergien könnte die Hypothese weiter stützen, dass Muskelsynergien eine nachvollziehbare anatomische Grundlage besitzen und würde einen weiteren Beleg der funktionellen Relevanz für die Bewegungssteuerung darstellen. Erste Hinweise auf eine inhomogene Verteilung ergeben sich aus den vorliegenden Daten. Weitere Probanden müssen in der Studie untersucht werden.

Referenzen:

1 Gentner R, Classen J. Modular organization of finger movements by the human central nervous system. Neuron. 2006 Nov 22;52(4):731 – 42.

2 Gentner R, Gorges S, Weise D, aufm Kampe K, Buttmann M, Classen J. Encoding of motor skill in the corticomuscular system of musicians. Curr Biol. 2010 Oct 26;20(20):1869 – 74. Epub 2010 Oct 14.