Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P19
DOI: 10.1055/s-0033-1337160

Funktionelle Kartierung der primär-motorischen Repräsentation von Zunge, Hand und Fuß bei Patienten mit eloquent gelegenen, intracerebralen Tumoren – Vergleich von fMRT, nTMS und direkter Cortexstimulation

C Weiß 1, 2, C Nettekoven 2, V Neuschmelting 1, A Eisenbeis 1, KJ Langen 3, C Grefkes 2, 4, R Goldbrunner 1
  • 1Uniklinik Köln, Allgemeine Neurochirurgie, Köln, Deutschland
  • 2Max-Planck-Institut, für Neurologische Forschung, Köln, Deutschland
  • 3Forschungszentrum Jülich, Neurowissenschaften und Medizin, Jülich, Deutschland
  • 4Uniklinik Köln, Neurologie, Köln, Deutschland

Einleitung:

Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) und neuronavigierte, transkranielle Magnetstimulation (nTMS) sind die gängigsten Methoden zur non-invasiven Motorkortex(M1)-Kartierung. Beide Methoden liefern aber oft unterschiedliche Ergebnisse, insbesondere bei Untersuchung von Patienten. Direkte Vergleiche zwischen den Methoden sind wenig vorhanden. Um zu klären, welche Methode die M1-Repräsentation exakter widerspiegelt, haben wir Mappings der Hand-, Fuß und Zungenrepräsentation mittels fMRT und nTMS durchgeführt und mit dem „Goldstandard“ einer intraoperativen direkten Cortexstimulation (DCS) verglichen.

Material/Methode:

Es wurden 20 Patienten mit Hirntumoren und Gehirnmetastasen untersucht, die an das M1-Areal angrenzen. Durchgeführt wurden präoperativ jeweils eine strukturelle MRT, fMRT und nTMS. Die fMRT-Paradigmen adressierten die Funktion der in den nTMS-Untersuchungen abgeleiteten Muskeln: Daumenabspreizen – Abductor pollicis brevis (APB), Zehenkrallen – Plantaris (PM) und seitliche Zungenbewegung – vordere seitliche Zungenmuskeln (ZM). Intraoperativ erfolgte die Stimulation mittels monopolar direkter DCS (train of five). Wenn möglich, erfolgte eine post-hoc-Analyse zum Vergleich von DCS-, fMRT- und nTMS-Ergebnis im 3D-Raum, in welcher die Euklidischen Distanzen (ED) zwischen den lokalen Aktivierungsmaxima (LAM) im fMRT, Orten der maximalen MEP Amplitude im TMS (nTMS-hotspot) und bei der DCS (DCS-hotspot) berechnet wurden. Für grafische Analysen und Statistik wurden iplanNet (Brainlab), MRICron, FSL, Matlab, Excel und SPSS (PASW 18) verwendet. Mittelwertvergleiche wurden mittels Student's T-test durchgeführt.

Ergebnisse:

Die EDs zwischen den LAM (fMRT) und den DCS-hotspots (APB: 14,2 mm +/- 6,4 mm SD; PM: 11,6 mm +/- 9,2 mm SD; ZM: 10,4 mm +/- 4,4 mm SD) unterschieden sich im Mittel nicht von denen zwischen den nTMS- und DCS-hotspots (APB: 13,7 mm +/- 6,0 mm SD; PM: 12,6 mm +/- 2,9 mm SD; ZM: 10,2 mm +/- 6,8 mm SD). Dennoch zeigten sich bei den einzelnen Patienten deutliche Unterschiede zwischen den nTMS-DCS und fMRT-DCS-Abweichungen. Dies spiegelt sich darin wider, dass die Auswahl der jeweils exakteren Methode, über alle Patienten gemittelt, geringere Abweichungen ergab (APB: 10,9 mm +/- 4,9 mm SD; PM: 8,1 mm +/- 4,3 mm SD; ZM: 9,2 +/- 5,4 mm SD). Beide Methoden wurden von den Patienten gut toleriert; selbst bei der Untersuchung von Patienten mit struktureller Epilepsie kam es zu keinen Nebenwirkungen bzw. Krampfanfällen.

Diskussion:

Die bisherigen Ergebnisse zeigen im Mittel keinen Unterschied in der Validität von fMRT bzw. nTMS gegenüber DCS. Bei einzelnen Patienten finden sich jedoch erhebliche Diskrepanzen abhängig von klinischen Faktoren wie Aufmerksamkeit oder vorbestehende Paresen und Antikonvulsiva. Um hier wesentliche, methodenspezifische Einflussfaktoren beschreiben zu können, läuft die Rekrutierung eines größeren Patientenkollektivs.