Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P8
DOI: 10.1055/s-0033-1337149

Anatomisches Korrelat der vertikalen Wahrnehmung im Hirnstamm

B Baier 1, F Thömke 1, J Wilting 1, C Heinze 1, C Geber 1, M Dieterich 1, 2
  • 1Unikliniki Mainz, Neurologie, Mainz, Deutschland
  • 2IFB, München, Deutschland

Einleitung:

Die Abweichung der subjektiven visuellen Vertikalen (SVV) ist ein wichtiges Zeichen für ein vestibuläres Tonusungleichgewicht in der Roll-Ebene. Frühere Studien zeigten, dass einseitige pontomedulläre Hirnstammläsionen zu einer ipsiversiven SVV-Abweichung führen, während pontomesencephale Läsionen contraversive SVV-Abweichungen bedingen. Allerdings waren frühere Daten von begrenzter Qualität und fehlenden statistischen Ansatz.

Material/Methode:

Es wurden 79 Patienten mit akuten einseitigen Hirnstamminfarkten auf die SVV-Abweichung untersucht und ein statistisches voxel-basiertes Läsionsmapping (VLBM) durchgeführt.

Ergebnisse:

Die SVV-Auslenkung wurde als wichtiges Hirnstammzeichen verifiziert. Es konnte erstmalig statistisch bestätigt werden, dass Läsionen des medialen longitudinalen Fasciculus (MLF) und des medialen vestibulären Kerngebiets mit einer ipsiversiven SVV-Auslenkung assoziiert sind, während Läsionen des rostralen interstitiellen Kerns des MLF, des superioren Kleinhirnstiels und des Okulomotoriuskerns sowie des Nucleus Cajals zu einer contraversiven SVV-Auslenkung führen können.

Diskussion:

Diese Strukturen bilden das anatomische Korrelat der vertikalen Wahrnehmung im Hirnstamm. Vorliegende Daten zeigen weiterhin, dass gravizeptive Otolithensignale eine vorherrschende Rolle im multisensorischen System der vertikalen Wahrnehmung spielen.