Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P3
DOI: 10.1055/s-0033-1337144

Dopaminerger Einfluss auf neuronale Korrelate emotionaler Verarbeitung bei Patienten mit Morbus Parkinson

J Hübl 1, B Spitzer 2, C Brücke 1, T Schönecker 1, A Kupsch 3, F Alesch 4, GH Schneider 5, AA Kühn 1
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neurologie – CVK, Berlin, Deutschland
  • 2Freie Universität Berlin, Cluster Languages of Emotion, Berlin, Deutschland
  • 3Universität Madgeburg, Magdeburg, Deutschland
  • 4Allgemeines Krankenhaus Wien, Abteilung für Neurochirurgie, Wien, Oesterreich
  • 5Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neurochirurgie – CVK, Berlin, Deutschland

Einleitung:

Die Degeneration dopaminerger Neurone im Mittelhirn bei Patienten mit Morbus Parkinson (MP) kann neben den motorischen Symptomen wie Tremor, Rigor und Bradykinese auch zu Störungen der emotionalen Verarbeitung wie Apathie und Depression führen. In dieser Studie untersuchen wir die Effekte von L-Dopa auf die neuronale Aktivität des Nucl. subthalamicus (STN) bei emotionaler Verarbeitung bei MP Patienten nach tiefer Hirnstimulation (THS). Aus früheren Studien ist bekannt, dass während der emotionalen Verarbeitung eine Desynchronisation im Alphafrequenzband im STN auftritt (Kühn et al., 2005).

Methode:

Bei 28 MP Patienten wurden über die zur THS implantieren Elektroden lokale Feldpotentiale (LFP) als Marker der neuronalen Aktivität aus der Zielregion STN abgeleitet, während je 27 angenehme, unangenehme und neutrale Bilder aus dem International Affective Picture System (IAPS) randomisiert für 2 Sek. präsentiert wurden. Die Teilnahme erfolgte entweder nach Einnahme (ON-Gruppe, N = 15) oder nach Entzug von L-Dopa (OFF-Gruppe, N = 13). Es wurden die signifikanten, spektralen Änderungen der Aktivität (1 – 100 Hz) nach Bildpräsentation gegenüber der Baseline (1 s vor Stimulus) identifiziert. Die so ermittelten Bereiche wurden über Zeit und Frequenz gemittelt und mit einer ANOVA für Messwiederholungen mit dem Faktor VALENZ (angenehm, unangenehm, neutral) und GRUPPE (ON vs. OFF) ausgewertet.

Ergebnisse:

Im Gesamtkollektiv (ON und OFF) fanden sich eine signifikante späte Desynchronisation von 1 – 2 s im Alphabereich (8 – 12 Hz) und eine signifikante frühe Synchronisation von 25 – 925 ms nach Stimulusbeginn im Gammabereich (35 – 100 Hz). Im Alphaband ergab die ANOVA eine signifikante Interaktion zwischen VALENZ und GRUPPE (p = 0,003). Die post-hoc Tests zeigten eine signifikant stärkere Alpha-Desynchronisation für angenehme Stimuli ON L-Dopa gegenüber OFF L-Dopa (p = 0,015). Ein umgekehrter Effekt mit stärkerer Alpha-Desynchronisation OFF L-Dopa gegenüber ON L-Dopa (p = 0,039) zeigte sich für die unangenehmen Reize. Im Gammaband ergab die ANOVA einen Haupteffekt für VALENZ (p = 0,009) sowie einen signifikanten Effekt der GRUPPE (p = 0,009). Unangenehme Stimuli lösten eine signifikant stärkere Synchronisation aus als angenehme oder neutrale (p = 0,019; p = 0,017). ON L-Dopa war die Gamma-Synchronisation im Mittel stärker als OFF L-Dopa (p = 0,002). Im Theta (4 – 8 Hz)- und Betabereich (13 – 35 Hz) zeigten sich keine valenz- oder gruppenabhängigen Modulationen.

Diskussion:

Unsere Ergebnisse weisen auf eine Modulation der emotionalen Reizverarbeitung durch Dopamin mit Verstärkung positiver und Abschwächung negativer emotionaler Reize hin. Die gekreuzte Interaktion zwischen Dopamin und Valenz könnte erklären, weshalb manche MP Patienten im OFF zu depressiven Stimmungslagen tendieren, wohingegen einige MP Patienten im ON eine gehobene Stimmung oder gesunde Probanden nach Einnahme dopaminerger Substanzen Euphorie verspüren. Die erhöhte Gammasynchronisation auf unangenehme Reize hingegen könnte ein Korrelat einer Arousal-Reaktion widerspiegeln, die im ON stärker als im OFF ausgeprägt ist.