Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - V14
DOI: 10.1055/s-0033-1337138

Der Ablauf der Wallerschen Degeneration am peripheren motorischen Nerven

P Pöschl 1, M Eder 1, H Pels 1, W Schulte-Mattler 2
  • 1Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg, Klinik für Neurologie, Regensburg, Deutschland
  • 2Universität, Klinik für Neurologie, Regensburg, Deutschland

Hintergrund:

Nach einer akuten axonalen Läsion eines peripheren Nervs kommt es erst im Verlauf zu einer Degeneration des distal der Läsion gelegenen Nervenabschnitts. Zu diesem von Augustus Waller erstbeschriebenen Phänomen liegen zahlreiche tierexperimentelle Daten vor, die große Diskrepanzen im zeitlichen Ablauf bei verschiedenen Spezies zeigen. Zum zeitlichen Ablauf der Nervendegeneration beim Menschen liegen nur sehr wenige Daten vor. Einzelne Fallserien umfassen Untersuchungen von einem bis zu maximal fünf Nerven. Eine genauere Kenntnis der zeitlichen Abläufe der Wallerschen Degeneration beim Menschen wäre für die Planung von Untersuchungen aber auch bei Begutachtungen wünschenswert. Wir führten eine prospektive neurographische Studie motorischer Nerven bei Patienten mit definiertem traumatischen Läsionszeitpunkt peripherer Nerven durch.

Methoden:

Nach Aufklärung wurden Patienten zum frühest möglichen Zeitpunkt nach einer traumatischen Läsion peripherer Nerven sequentiell, möglichst bis zum Erreichen eines Plateaus der Muskelsummenaktionspotenzial-Amplitude in täglichen Abständen neurographisch untersucht. Am Ende der Untersuchung wurde eine in Bezug auf das Ausgangspotenzial und das erreichte Plateau-Potenzial normalisierte Amplitude definiert.

Ergebnisse:

Es wurden bisher 14 Patienten mit 19 lädierten motorischen Nerven untersucht. Eine Amplitudenminderung war in der Regel bereits am 4. Tag nach der Läsion zu erkennen. 85% der untersuchten Nerven erreichten 0% der normierten Amplitude an Tag 8, an Tag 11 erreichten alle Nerven 0% der normierten Amplitude. Eine Längenabhängigkeit in Bezug auf den Abstand vom Läsionsort zum Ableitungsort war zu beobachten.

Zusammenfassung:

Diese Arbeit zeigt die bisher umfangreichsten Daten zur Wallerschen Degeneration am humanen peripheren motorischen Nerven. Eine neurographische Untersuchung am 8. Tag nach Läsion ermöglicht die Beurteilung des Ausmaßes eines axonalen Schadens in der überwiegenden Mehrheit der Fälle, an Tag 11 kann von einem Abschluss der Degeneration ausgegangen werden.

Abb: Die Abnahme der relativen Amplitude zeigt eine sigmoidale Abhängigkeit vom zeitlichen Abstand zur Läsion mit einem Beginn um den 4. Tag und überwiegendem Abschluss der Degeneration am 8. Tag.