Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - V3
DOI: 10.1055/s-0033-1337127

Ein Polymorphismus in der Spleiß-Region des SCN1A Gens beeinflusst den Effekt von Carbamazepin auf die kortikale Erregbarkeit – eine TMS Studie

K Menzler 1, A Hermsen 1, K Balkenhol 1, C Duddek 1, H Bugiel 1, S Bauer 1, S Schorge 2, P Reif 1, KM Klein 1, A Haag 1, WH Oertel 1, HM Hamer 3, S Knake 1, H Trucks 4, T Sander 4, F Rosenow 1
  • 1Philipps-Universität Marburg, Klinik für Neurologie, Marburg, Deutschland
  • 2Institute of Neurology, Department of Clinical and Experimental Epilepsy, London, Deutschland
  • 3University Hospitals Erlangen, Dept. of Neurology, Erlangen, Deutschland
  • 4Cologne University, Cologne Center for Genomics, Köln, Deutschland

Einleitung: SCN1A kodiert die alpha Untereinheit des spannungsabhängigen Natriumkanals Nav1.1. Mutationen in diesem Gen spielen eine entscheidende Rolle für verschiedene Epilepsiesyndrome wie generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen plus (GEFS+) and Dravet Syndrom. Es gibt Hinweise darauf, dass der Polymorphismus rs3812718 (IVS5N+5 G>A) in der Spleiß-Region des SCN1A Gens an der Pathophysiologie genetisch generalisierter Epilepsien beteiligt sein könnte und mit Veränderungen der elektrophysiologischen Eigenschaften des Kanals sowie der Wirkung von Carbamazepin und anderen Natriumkanalblockern assoziiert ist. In der vorliegenden Studie wurden die kortikale Exzitabilität und ihre Veränderung nach Gabe von Carbamazepin in Abhängigkeit vom rs3812718 Genotyp untersucht, um Einblicke in den Einfluss des Polymorphismus zu gewinnen.

Material/Methode: Bei 92 gesunden Probanden mit den homozygoten Genotypen AA und GG des Polymorphismus rs3812718 des SCN1A Gens wurden Einzel- und Doppelimpulsparadigmen transkranieller Magnetstimulation (TMS) vor und nach Gabe von 400 mg Carbamazepin vs. Placebo abgeleitet. Die Parameter umfassten die Ruhemotorschwelle (resting motor threshold, RMT), intracorticale Inhibition (short interval intracortical inhibition, SICI) und Fazilitation (short interval intracortical facilitation, ICF) und die durch überschwellige Stimulation ausgelöste Unterbrechung der Willküraktivität (cortical Silent Period, CSP).

Ergebnisse: Vor Medikation zeigten sich keine Unterschiede der kortikalen Exzitabilität. Probanden mit Genotyp GG zeigten jedoch nach Einnahme von Carbamazepin vs. Plazebo einen stärkeren Anstieg der CSP Dauer im Vergleich zu Genotyp AA (MANCOVA, p = 0,013). Der aufgrund früherer Studien erwartete Anstieg der RMT war unabhängig vom Genotyp.

Diskussion: Wir konnten zeigen, dass der Polymorphismus rs3812718 des SCN1A Gens den Effekt von Carbamazepin auf den TMS Parameter CSP beeinflusst. Da die CSP vorwiegend Veränderungen der GABAergen Inhibition widerspiegelt, zeigt dieses Ergebnis eine vom Genotyp abhängige Veränderungen an GABAergen kortikalen Interneuronen. Die RMT, die Veränderungen an spannungsabhängigen Natriumkanälen widerspiegelt, zeigte dagegen keine spezifische Veränderung in Abhängigkeit vom Genotyp. Die vorliegenden Daten untermauern Ergebnisse aus früheren Studien, die einen Einfluss des SCN1A Gens auf GABAerge Interneurone nachweisen konnten, der vermutlich auf eine selektive Expression von Nav1.1 zurückzuführen ist.