Z Sex Forsch 2013; 26(1): 19-33
DOI: 10.1055/s-0033-1335070
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spielarten der Liebe

Eine Betrachtung zu Polyamory
Christian Klesse
a   Department of Sociology, Manchester Metropolitan University, Großbritannien
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Publication Date:
21 March 2013 (online)

Übersicht

Polyamory erfreut sich zunehmender Popularität bei Menschen, die sich für konsensuelle nichtmonogame Lebensweisen interessieren. Sie wird häufig als eine Spielart der Nichtmonogamie gedeutet, der vorliegende Artikel betrachtet Polaymory jedoch als eine Spielart – oder einen Diskurs – der Liebe. Liebe ist ein zentraler Begriff in den gängigen Definitionen von Polyamory, aber die Frage, welche Formen der Emotionalität in den Diskussionen um Polyamory beschworen werden, ist bisher selten systematisch untersucht worden. Dieser Artikel stützt sich auf englisch- und deutschsprachige Publikationen der letzten zwei Jahrzehnte sowie auf eine qualitative Interviewstudie zu Polyamory und Nichtmomogamie, in deren Rahmen in Großbritannien zwischen 1997 und 2003 insgesamt 44 Personen befragt wurden. Polyamory wird als eine spezielle Sichtweise der Liebe gedeutet, die sich in einem gesellschaftlichen Wandlungsprozess romantischer Liebesdiskurse in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts als Alternative zur romantischen Zweierbindung etablierte. Bezüge zu Kernelementen einer romantischen Sichtweise der Liebe wirken jedoch im Diskurs der Polyamory nach und unterminieren ihr kritisches Potential.