Pneumologie 2013; 67 - V27
DOI: 10.1055/s-0033-1334668

Obesitashypoventilationssyndrom – ein weiterer Risikofaktor bei Patienten mit metabolischem Syndrom?

AM Moll 1, C Marthaler 1, S Rack 1, C Teupe 1, A Möller 1
  • 1Schlafmedizinisches Zentrum, Krankenhaus Sachsenhausen, Frankfurt

Das Obesitashypoventilationssyndrom (OHS) ist durch das Vorliegen einer Adipositas (Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2) in Kombination mit einer chronisch alveolären Hypoventilation und Hyperkapnie (pCO2 > 45 mmHg) im Wachzustand unter Ruheatmung nach Ausschluss anderer Ursachen definiert. Gemäß dem Manual zum Scoring von Schlaf und assoziierten Ereignissen der American Acadamy of Sleep Medicine (AASM) wird das Vorhandensein einer Hypoventilation angenommen, wenn eine Erhöhung des pCO2 um über 10 mmHg im Schlaf vergleichend zu einer Messung in Rückenlage im Wachzustand vorliegt. Welche Konsequenzen würde die Anwendung des zusätzlichen nächtlichen pCO2-Kriteriums in der Diagnostik und Therapie des OHS zur Folge haben?

Bei 39 Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom (OSAS) und BMI > 30 kg/m2 wurde prospektiv eine transkutane pCO2-Messung im Rahmen der diagnostischen Polysomnografie sowie bei Einleitung einer nCPAP-Therapie durchgeführt. Patienten mit obstruktiver oder restriktiver Lungenerkrankung, schwerer Herz- oder Niereninsuffizienz wurden ausgeschlossen.

Bei 20/39 Patienten konnte ein OHS durch die transkutane pCO-2-Messung festgestellt werden. 13/20 OHS-Patienten zeigten erst nach Beseitigung des OSAS unter Einleitung einer nCPAP-Therapie einen Anstieg des pCO2 um 10 mmHg im Schlaf. Bei den Patienten (n = 7), welche einen pCO2-Anstieg vor der nCPAP-Therapie aufwiesen, lag ein höherer BMI (42,7 ± 6,66 kg/m2) vor. Patienten mit pCO2-Anstieg unter nCPAP-Therapie (n = 13) litten signifikant häufiger an Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II (60,0% vs. 11,8%; p = 0,013), arterieller Hypertonie (90,0% vs. 64,7%) und koronarer Herzerkrankung (50,0% vs. 5,88%; p = 0,015) vergleichend mit OSAS-Patienten, die sich anhand BMI (OHS: 36,9 ± 6,31 vs. OSAS: 39,1 ± 5,02), AHI (58,2 ± 22,4 vs. 45,6 ± 30,9) und Alter (58,2 ± 11,2 vs. 50,1 ± 8,62) nicht unterschieden.

Der aktuelle Begriff des „Malignant Obesity Hypoventilation Syndrom“ als Multisystemerkrankung würde den Daten unserer Analyse entsprechen. Somit sollte die transkutane pCO2-Messung einen höheren Stellenwert in der Diagnostik erhalten und frühzeitig bei adipösen Patienten mit metabolischem Syndrom erfolgen. Ein OHS könnte zuverlässiger erkannt und kardiopulmonale Spätfolgen möglicherweise vermieden werden.