Pneumologie 2013; 67 - P83
DOI: 10.1055/s-0033-1334635

Die Kifferbronchitis – eine Differenzialdiagnose der Aspiration

C Röder 1, C Schirpke 2, M Hennigs 3, L Hundack 3, M Schultz 4, HJ Achenbach 3
  • 1Universitätsklinikum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Klinik für Innere Medizin III, Halle
  • 2Praxis Magdeburg
  • 3Lungenklinik Lostau
  • 4Pathologie Stendal

Es soll eine spannende Kasuistik demonstriert werden. Ein 19-jähriger, sozial gut integrierter Mann stellte sich wegen Hämoptysen vor. Die Anamnese ist bis auf einen erheblichen Nicotinabusus und den Gebrauch von täglich 1 g Tetrahydrocannabinol (Cannabis) unauffällig. Neben einem CT-morphologisch nachweisbaren Grenzbefund zum Lungenemphysem und einer bronchoskopisch erkennbaren ausgeprägten Tracheobronchitis fanden sich endoskopisch sichtbar kleine Fremdkörper in allen Arealen des Bronchialsystems ohne Anhalt für eine Blutungsquelle. In der bronchoalveolären Lavage gelang der Nachweis fetthaltigen Materials und histologisch fand sich neben Rauchermakrophagen fasriges Material. Anamnestische Hinweise für die Aspiration gab es nicht. Die Lungenfunktion war normal und Alpha-1-Antitrypsin lag im Normbereich.

Da in Deutschland erworbenes Cannabis neben Schimmelpilzen und Bakterien auch Streckmittel, wie Fette, Öle, Sand, Glas, Wachs, Blei und Brix enthält, werteten wir die von uns erhobenen Befunde in diesem Zusammenhang. Unterstützt wird unsere Diagnose durch eine Studie des Inselspitals Bern. Hier fielen viele junge Menschen mit Cannabiskonsum und Pneumothorax bei schwerem Lungenemphysem auf. Im Lungengewebe dieser Patienten konnten die Wissenschaftler Cannabis-Fasern, die aus den ungefilterten Joints direkt in die Lunge gelangen und dort als Entzündungsherde wirken nachweisen.

Regelmäßig aktualisierte Statistiken zum Cannabiskonsum der allgemeinen Bevölkerung liegen insbesondere aus der Schweiz, Wien und Frankreich vor. Das Einstiegsalter liegt demnach bei 12 – 13 Jahren. In der Schweiz haben 34% der Schüler und 27% der Schülerinnen schon einmal Cannabis geraucht. Bei den 25 – 29-Jährigen sind es 47% der Männer und 28% der Frauen. In Wien konsumierten 2011 21% der Bevölkerung Cannabis und in Frankreich betrifft es 59% der über 18-jährigen Männer und 43% der Frauen. Für Deutschland gibt es eine Spannweiter der Daten; 3,3% der 14 – 17-Jährigen, 13 – 25% der Gesamtbevölkerung.

Aufgrund dieser aufgeführten Sachverhalte und des hohen Anteils der Cannabis-Rauchenden in der Bevölkerung einer globalen Welt soll auch die Diskussion angeregt werden, ob sich die Pneumologie der Problematik des Cannabisrauchens stellen muss.