Z Gastroenterol 2013; 51 - P_5_57
DOI: 10.1055/s-0032-1332171

Falsche Zurückhaltung trotz niedriger SVR? – Die Therapie der chronischen Hepatitis C beim älteren Patienten

C Röder 1, S Jordan 1, J Schulze zur Wiesch 1, S Stoll 2, D Hüppe 4, S Mauss 3, E Zehnter 5, AW Lohse 1, S Lüth 1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, I. Medizinische Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Infektiologie, Hamburg, Deutschland
  • 2Roche Pharma AG, Medical Affairs, Grenzach-Wyhlen, Deutschland
  • 3Gemeinschaftspraxis Dr. med. Stefan Mauss, Düsseldorf, Deutschland
  • 4Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Herne, Herne, Deutschland
  • 5Gastroenterologische Schwerpunktpraxis, Dortmund, Deutschland

Hintergrund: Die SVR-Raten bei chronischer Hepatitis C verbessern sich derzeit mit der Zulassung der Proteaseinhibitoren nur für Patienten mit dem Genotyp (GT) 1. Es existieren zahlreiche patienten- und virusspezifische Prädiktoren für eine SVR. Höheres Alter scheint ein negativer Prädiktor für eine SVR zu sein. Nur wenige Patienten ≥60 Jahre werden überhaupt einer Therapie zugeführt. Es existieren nur spärliche Daten zur SVR und Therapiesicherheit bei dieser Patientengruppe.

Methoden: In diese Analyse gingen die Verläufe von 4859 GT 1/2/3/4/5/6 Patienten einer großen deutschen multizentrischen nicht-interventionellen Studie (NIS ML21645) des bng in Zusammenarbeit mit Roche ein, die mit PEG-Interferon α-2a 180µg und Ribavirin behandelt wurden. Davon waren 4558 Patienten <60 Jahre und 301 Patienten ≥60 Jahre.

Ergebnisse: Patienten ≥60 Jahre waren signifikant häufiger weiblich, mit GT 1 infiziert und hatten eine längere Infektionsdauer sowie fortgeschrittenere Lebererkrankungen und häufiger metabolische und kardiale Begleiterkrankungen.

Die SVR-Rate bei Patienten ≥60 Jahren war bei GT 1 Infektion signifikant niedriger als bei Patienten <60 Jahre, 23,7% vs. 43,7% (p<0,001). Therapieabbrüche waren häufiger bei GT1 Patienten ≥60 Jahre als bei Patienten <60 Jahre, 54,7% vs. 37,7% (p<0,001). Abbruchgründe waren „non-response“ (31,8%) vor mangelnder Verträglichkeit (12,2%). Complianceproblemen (0,8%) und Begleiterkrankungen (2,4%) spielten eine untergeordnete Rolle. Die SVR-Raten bei GT 2/3 waren bei Patienten ≥60 Jahre vergleichbar mit denen von Patienten <60 Jahren, 64,6% vs. 57,7% (p=0,341).

Schlussfolgerung: Die SVR-Raten sind bei den Patienten ≥60 Jahre nur bei GT 1 Patienten erniedrigt. Hauptursache dafür war eine hohe Rate „non-responder“. Trotz der niedrigen SVR-Raten sollten die Daten nach Abwägung der Risiken nicht von einem Therapieversuch bei älteren Patienten abhalten, insbesondere aufgrund der steigenden Lebenserwartung sowie der beschleunigten Krankheitsprogression im Alter. Insgesamt beendete immerhin ca. die Hälfte aller ≥60-jährigen die Therapie, von denen wiederum ca. die Hälfte mit dauerhaftem Erfolg. Der Einsatz von Proteaseinhibitoren kann die Rate der „non-responder“ in dieser Gruppe möglicherweise verringern, jedoch stehen hier die Daten noch aus.