Suchttherapie 2012; 13 - A23
DOI: 10.1055/s-0032-1330992

Quantitativer Nachweis von Methoden und Buprenorphin im Speichel substituierter Patienten im Rahmen des „Multi-Target-Drogenscreenings“

N Günther 1, S Lierheimer 1, M Böttcher 1
  • 1MVZ Labor Dessau GmbH, Dessau

Problemstellung: Der Nachweis eines kürzlichen Drogen-/Medikamentenmissbrauchs erfolgt im Rahmen einer suchtmedizinischen Therapie zunehmend auch aus Speichelproben und mit chromatographischen Verfahren. Bei niedrigen Entscheidungsgrenzen in der Speichelanalytik (Cutoffs ca. 1ng/mL) sind die Positivraten für die einzelnen missbrauchsrelevanten Substanzen mit denen des immunchemischen Urinscreenings vergleichbar und z.T. sogar deutlich höher (Amphetamine). Speichelproben können problemlos unter Sichtkontrolle gewonnen werden, so dass die Abgabe einer „Freundprobe“ leicht auszuschließen ist. Ein negativer Nachweis des entsprechenden Substituts belegt somit die Nichteinnahme des Medikamentes durch den Patienten. Analytisch bedingt falsch negative Befunde müssen vom Labor daher unbedingt durch die Wahl eines adäquat niedrigen Cutoffs ausgeschlossen werden. In der vorliegenden Arbeit soll anhand der Proben von Substitutionspatienten mit bekannter Dosierung von Methadon, Polamidon oder Buprenorphin unser momentaner Cutoff von 1ng/mL retrospektiv validiert werden. Ferner wird die Korrelation zwischen Substitutdosis und Speichelkonzentration untersucht, um ggf. Abweichungen vom „steady-state“ (z.B. „Buprenorphinpausen“, Abdosieren etc.) erkennen zu können.

Methoden: Für den semi-quantitativen Nachweis von 48 Drogen und Medikamenten aus Speichelproben wurde eine UPLC-MS/MS-Methode nach alkalischer Flüssigextraktion entwickelt, die zusätzlich auch die quantitative Bestimmung von Buprenorphin und Methadon ermöglicht. Der Cutoff für jede Substanz wurde auf 1ng pro mL Speichel gesetzt. Für Methadon erfolgte die Kalibration von 0.5 bis 500ng/mL und für Buprenorphin von 0.5 bis 20ng/mL.

Die Speichelproben wurden mit dem Sammelsystem SCS pH 4.2 (Greiner Bio-One) gewonnen.

Patienten: Es wurden insgesamt 3637 Speichelproben von 1264 Substitutionspatienten (922m, 342 w) mit bekannter Dosierung aus einem Zeitraum von 3 Monaten ausgewertet. Hiervon waren substituiert mit:

Buprenorphin: 276 Patienten (638 Proben), Dosierungsbereich 0.2–0.8mg/d: 8 Pat., 1.0–3.0mg/d: 29 Pat., 4.0–4.8mg/d: 20 Pat., 5.0–6.0mg/d: 41 Pat., 7.0–9.0mg/d: 69 Pat., 10–12mg/d: 39 Pat., 14–18mg/d: 56 Pat., 20–24mg/d: 14 Pat.

Methadon: 487 Patienten (1374 Proben), Dosierungsbereich 1–10mg/d: 90 Pat., 11–30mg/d: 58 Pat., 31–75mg/d: 104 Pat., 80–100mg/d: 96 Pat., 105–150mg/d: 104 Pat., 160–325mg/d: 35 Pat.

Polamidon: 501 Patienten (1625 Proben); Dosierungsbereich 1–6mg/d: 90 Pat., 6.5–13.5mg/d: 112 Pat., 14–50mg/d: 156 Pat., 52–75mg/d: 81 Pat., 80–90mg/d: 41 Pat., 95–140mg/d: 21 Pat.

Ergebnisse: Bei den Buprenorphin-Patienten waren 12 Proben (1.9%) unterhalb des Cutoffs von 1ng/mL. Diese kamen von 9 Patienten aus 7 Dosierungsbereichen, so dass zumindest bei einigen Patienten von einer mangelhaften Compliance auszugehen war. Außerhalb des Messbereichs waren 286 Proben (44.9%). Die Buprenorphin-Konzentration innerhalb des Messbereichs von 1–20ng/mL zeigte keine verwertbare Korrelation zur Dosis (r=0.18). Bei den Methadon- und Polamidon-Patienten war jeweils nur 1 Probe unterhalb des Cutoffs von 1ng/mL. Außerhalb des Messbereichs waren 885 Proben (64.4%) bzw. 811 Proben (49.9%). Die Methadonkonzentration innerhalb des Messbereichs von 1–500ng/mL zeigte keine verwertbare Korrelation zur Dosis (r=0.25 bzw. 0.22).

Schlussfolgerung: Der Cutoff von 1ng/mL scheint für die Bestimmung von Methadon im Speichel hinreichend sensitiv. Für den Nachweis von Buprenorphin muss der Cutoff möglicherweise auf 0.1ng/mL abgesenkt werden. Die quantitative Bestimmung von Buprenorphin und Methadon im Speichel lässt keine Rückschlüsse auf ein etwaiges Abdosieren des Substituts durch den Patienten zu. Für die Unterscheidung von oraler Kontamination von physiologischen Wirkspiegeln, muss für beide Substitute der Messbereich vergrößert werden.