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DOI: 10.1055/s-0032-1329722
Unterschätzt
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
19 October 2012 (online)

Ein Tag in den Bergen -fix und fertig schnüre ich mir die Bergstiefel ab. Über ein Jahr ist es her, dass ich ordentlich Höhenmeter gemeistert habe. Fit fühle ich mich schon lange nicht mehr, und alt geworden bin ich scheinbar auch. Der Rücken zwickt, das Knie hätte ohne Wanderstöcke wahrscheinlich kapituliert und die Füße sind platt. Dabei hatte ich kleine Brötchen gebacken und eine sanfte Tour für den Wiedereinstieg geplant.
Während ich mich über meine Schuhe bücke und meine Wehwehchen durchgehe, tauchen vier braungebrannte Beine neben mir auf. „Herrlich, die Aussicht von der Lamsenspitze (2.508 m)! Und beim nächsten Mal müssen wir unbedingt mal wieder die Hochnisslspitze (2.547 m) erklimmen. Es ist schon 50 Jahre her, dass ich da oben war.“ 50 Jahre? Ich zucke zusammen und blicke hoch. Was ich sehe, überrascht mich: Zwei unglaublich alte Gesichter lächeln mich an. Sie seien beide über 80, erzählt mir das Paar. Und ja, auch ihre Knie wären mittlerweile auf die Wanderstöcke angewiesen. Die Arthrose in der Schulter sei aber viel schlimmer. Doch die störe beim Wandern nicht, und daher kämen sie dreimal im Jahr in die Berge.
Warum hat mich dieser Anblick so nachhaltig beschäftigt?
Ich war schlichtweg beeindruckt, weil ich „über 80“ und „Gipfelkreuz“ in meinem Kopf
nicht zusammengebracht hatte. Mein Bild vom Altsein ist wohl längst nicht so modern
wie die vielen alten Menschen, die in Deutschland wohnen. Das muss sich ändern, schwor
ich mir an diesem Tag. Dabei geholfen hat mir der Artikel meiner Kollegin Maria Czyganowski
über die unterschätzten Alten (Seite 50). Eine gute Hilfe, die eigenen Vorstellungen
vom Altsein zu reflektieren und sich selbst wieder jung zu fühlen. Lesen Sie mal rein
und berichten Sie uns, wenn Sie daraufhin Ihre älteren Patienten künftig mit neuen
Ideen beglücken.
Viel Spaß beim Lesen dieses Beitrags und vieler weiterer spannender Artikel dieser physiopraxis wünscht Ihnen
Ihre
Andrea Pötting