Dialyse aktuell 2012; 16(8): 444
DOI: 10.1055/s-0032-1329602
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nierenkrebs

Kerstin Junker
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Publication Date:
17 October 2012 (online)

Nierenzellkarzinome (NZK) sind die häufigste Form der Nierentumoren (90 %) und haben einen Anteil von 3 % an allen Malignomen des Erwachsenenalters. In den letzten Jahrzehnten stieg die Inzidenz, wobei man zurzeit eher eine stabile Inzidenz feststellen kann. Männer sind häufiger als Frauen betroffen (Verhältnis 2:1). Der Gipfel der Erkrankungshäufigkeit liegt im sechsten und siebten Lebensjahrzehnt. Die Nierenzelltumoren sind keine einheitliche Erkrankungsgruppe, sondern werden in verschiedene Subtypen untergliedert. Diese Subtypen, zunächst durch ihre histopathologischen Merkmale definiert, unterscheiden sich auch in ihren molekularen und genetischen Merkmalen. Aufgrund dieser Daten werden die Subtypen der Nierenzelltumoren heute als eigenständige Entitäten klassifiziert, deren Prognose ebenfalls unterschiedlich verläuft. Als häufigste Subtypen werden die klarzelligen (70–75 %), papillären (10–15 %) und chromophoben (5 %) Nierenzellkarzinome sowie die Onkozytome (5 %) differenziert.

Bis vor wenigen Jahren hatte die Subklassifizierung kaum eine Bedeutung für die Therapiewahl, da keine differenzierten Therapieoptionen bestanden. Diese Situation wandelt sich zunehmend. Durch die Entdeckung immer kleinerer Tumoren dank verbesserter bildgebender Verfahren stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit der Operation gerade bei alten, multimorbiden Patienten. Es ist bekannt, dass bis zu 25% der Tumoren unter 4 cm benigne Tumoren sind, die Hälfte davon Onkozytome. Zum anderen stehen heute mehr und mehr sogenannte zielgerichtete Therapieverfahren der systemischen Therapie für metastasierte Tumoren zur Verfügung, die in spezifische Signalwege eingreifen. Da man von differenten molekularen Signalwegen in den unterschiedlichen Subtypen der NZK ausgehen muss, ist die Kenntnis dieser entscheidend für eine effektive Therapie und damit für eine individualisierte Therapie. Aus den zunehmenden Erkenntnissen über die Tumorbiologie der Nierenzelltumoren auf der einen Seite und der Unzulänglichkeit klinischer und pathologischer Parameter zur individuellen Prognosebewertung auf der anderen Seite wird klar, dass neue Biomarker, die tatsächlich in der Klinik nutzbar sind, identifiziert werden müssen. Darüber hinaus ist das Verständnis der Tumorbiologie, vor allem der Metastasierung, eine Voraussetzung für die Entwicklung neuer, effektiver Therapeutika.

Diese Ausgabe der Dialyse aktuell zum Thema Nierenkrebs gibt eine Übersicht zum aktuellen Stand der operativen und zur systemischen Therapie. Das operative Vorgehen sollte heute sehr differenziert in Abhängigkeit von der Tumorgröße und der Lokalisation erfolgen. Dabei steht der Organerhalt im Vordergrund, da neueste Studien belegen, dass das Langzeitüberleben durch den Verlust einer Niere statistisch signifikant beeinflusst wird. Die systemische Therapie beim metastasierten NZK verfolgt nach wie vor überwiegend einen palliativen Ansatz – auch, wenn durch die neuen, vor allem gegen die Angiogenese gerichteten Therapeutika ein verbessertes Ansprechen und ein längeres Gesamtüberleben im Vergleich zur Immuntherapie erreicht wird.

Zwei Arbeiten dieser Ausgabe befassen sich mit Malignomen während der Dialysezeit und nach Nierentransplantation und den daraus resultierenden Besonderheiten der Krebsvorsorge bei diesem Patientenklientel. Dies gewinnt zunehmend an Bedeutung, da das Lebensalter der Nierenspender und Empfänger und die Lebenserwartung insgesamt in den letzten Jahren gestiegen sind. Die Beiträge zum Thema Nierenkrebs sollen somit die Bedeutung dieser Tumorerkrankung allgemein, aber auch insbesondere für Patienten vor und nach Nierentransplantation verdeutlichen.