Z Orthop Unfall 2013; 151(3): 225
DOI: 10.1055/s-0032-1328648
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pay-for-Performance

D. C. Wirtz
,
U. Stoeckle
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Juni 2013 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

die aktuelle öffentliche Diskussion um „Operieren wir zu viel?“ oder „Gibt es in Deutschland eine ökonomisch getriebene Überversorgung?“ steht zunehmend mehr im Mittelpunkt wissenschaftlicher Kongresse unseres Fachgebiets. Dies zeigt in der vorliegenden Ausgabe unserer Zeitschrift der Bericht über die 61. VSOU-Tagung in Baden-Baden auch ganz deutlich. Unabhängig davon, wie sich die aktuellen Zahlen der OECD erklären lassen (Deutschland zeigt die höchste Anzahl von Hüftprothesenimplantationen und die zweithöchste für Knieendoprothesenimplantationen pro 100 000 Einwohner im OECD-Ländervergleich) [1], so ist eines sicher: die pauschalierte Vergütung im DRG-System bedarf der Überarbeitung. Dabei muss die Versorgungsqualität mehr in den Mittelpunkt rücken. Qualitätsorientierte Vergütung oder, „modern“ ausgedrückt, „pay-for-performance“ ist die zu fordernde Zielgröße. Dabei wird ein zu lösendes Hauptproblem sein, wie Qualität und Leistungsindikatoren zukünftig gemessen werden. Die ausschließliche Orientierung an perioperativ aufgetretenen Komplikationen oder an dem erreichten Funktionsstatus – wie derzeit von einigen Kostenträgern postuliert – führt zu einer negativen Risikoselektion der multimorbiden, ressourcenintensiven Patienten. Es bedarf in der Qualitätsbewertung also nicht nur der Berücksichtigung von Faktoren, die das Krankenhaus oder der Arzt selbst beeinflussen kann, sondern auch einer Risikoadjustierung, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Dabei sind sowohl die Komorbiditäten als auch die Compliance des Patienten zu berücksichtigen.

Für uns als Orthopäden und Unfallchirurgen spielen künftig in einem qualitätsorientierten Vergütungssystem zwei wesentliche Punkte eine entscheidende Rolle: erstens die ärztliche Erfahrung und Intuition, die nur durch kontinuierliches Arbeiten und Lernen mit und am Patienten erreicht werden kann, und zweitens die evidenzbasierte Medizin, d. h. das auf Wissenschaftlichkeit begründete, leitliniengerechte Handeln. Erfahrung und Wissen ist die Voraussetzung, dass die Medizin in Zukunft zielgerichteter, individualisierter und letztendlich auch finanzierbar wird. Daher brauchen wir neben innovativer Grundlagenforschung insbesondere mehr klinische Studien, um unser tägliches Handeln nachhaltig zu beweisen. Und dies gilt ganz besonders für die konservativen Inhalte unseres Faches. So wie im Interview mit Prof. Kohlmann (s. S. 214 ff) zum Thema „Rückenschmerz“ festgehalten, müssen wir definieren, wann „gestochen und geschnitten“ werden sollte – oder auch nicht.

Wir möchten Sie als Kliniker und besonders als Niedergelassene daher ermutigen, sich an klinischen Studien zum Effekt- und Effizienznachweis verschiedenster Behandlungsstrategien in unserem Fach sektorübergreifend zu beteiligen. Nur so können wir die politisch lauter werdende – und berechtigte – Forderung nach qualitätsorientierter und leistungsgerechter Vergütung aktiv mitgestalten.

D. C. Wirtz U. Stoeckle