NOTARZT 2013; 29(01): 8-14
DOI: 10.1055/s-0032-1327291
Originalia
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Infektionsängste bei spontanen Hilfeleistungen und Erstversorgung im Rettungseinsatz

Fear of Infection in Spontaneous First Aid for Accident Victims
P. Sefrin
Klinik und Poliklinik für Anaesthesiologie der Universität Würzburg
,
R. Eckert
Klinik und Poliklinik für Anaesthesiologie der Universität Würzburg
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Publication Date:
22 February 2013 (online)

Zusammenfassung

Infektionsängste bei der Erstversorgung von Notfallpatienten können zu Einschränkungen des Leistungsumfangs führen. Betroffen von der Angst bei Hilfeleistungen sind nicht nur Laien, sondern auch Rettungsdienstpersonal und Notarzt. Es wurden 3125 Teilnehmer aus diesem Bereich bundesweit einer Befragung unterzogen. Die Infektionsängste waren beim Rettungsdienstpersonal (41,2 %) und den Laien (42,4 %) am größten, die geringsten Ängste hatten Notärzte (57,6 %), nur jeder 2. Mitarbeiter im Rettungsdienst und medizinische Laie (50 und 48,9 %) hatte keine Angst vor einer möglichen Infektion beim Einsatz. Eine Analyse im Hinblick auf spezielle Infektionsrisiken ergab, dass die Möglichkeit einer Ansteckung mit einer Grippe und mit Geschlechtskrankheiten die wenigsten Ängste auslösen. Bei der Spezifikation der Ängste im Hinblick auf verschiedene Erkrankungen ist die Angst vor HIV und Hepatitis am größten. Bei der Analyse möglicher Kontakte bei einer Erstversorgung ist der Blutkontakt die am meisten gefürchtete Infektionsmöglichkeit, wobei 90 % der Notärzte und Rettungsdienstmitarbeiter diese Gefahr fürchten. Trotz einer geringen tatsächlichen Wahrscheinlichkeit einer möglichen Infektion bei einer Hilfeleistung sollte sowohl im Rettungsdienst als auch im Erste-Hilfe-Unterricht auf Infektionswege sowie den möglichen Schutz hingewiesen werden, ohne dabei Ängste zu schüren.

Abstract

The fear of infection when giving first aid to accident victims can lead to restrictions in the amount of help given. Not only normal citizens but also paramedical personnel and emergency physicians experience this fear. 3,125 participants from this field were selected for a nation-wide questionnaire. The fear of infection was greatest amongst paramedical personnel (41.2 %) and normal citizens (42.4 %), emergency physicians (57.6 %) experienced the least anxiety; only one in two paramedical personnel and normal citizens (50 % and 48.9 %) did not fear a possible infection when actively giving first aid. An analysis with regard to particular infection risks revealed that the possibility of infection with an influenza or a venereal disease produced the least anxiety. Upon specifying the anxieties with respect to various diseases the fear of HIV and hepatitis infection was greatest. In an analysis of possible contacts while giving first aid that with blood causes the greatest fear of infection, 90 % of the emergency physicians and paramedical personnel experience this fear. In spite of the actually very low probability of a possible infection when giving first aid, training for paramedical personnel as well as first aid courses for normal citizens should include information about routes of infection and means of protection without inciting further anxiety.

 
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