Klin Monbl Augenheilkd 2012; 229 - R14
DOI: 10.1055/s-0032-1327140

Elektrophysiologische Diagnostik mit dem VEP bei kongenitalem Nystagmus

MB Hoffmann 1
  • 1Magdeburg

Hintergrund: Die Ableitung visuell evozierter Potentiale (VEPs), insbesondere des Musterumkehr-VEPs, ist integraler Bestandteil der klinischen Elektrophysiologie und dient insbesondere der differentiellen Identifikation von Raumforderungen und von entzündlichen Prozessen in der Sehbahn. Auch bei Patienten mit Nystagmus haben VEP-Messungen eine wesentliche Bedeutung für die Differenzialdiagnostik, allerdings müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden, um die korrekte Deutung der Ergebnisse zu gewährleisten.

Ergebnisse: Musterumkehr-VEPs sind bei Nystagmus-Patienten durch die veränderte Reizsituation auch ohne das Vorliegen zusätzlicher Pathologien reduziert. Das Musterbeginn-VEP hingegen ist vom Nystagmus weitestgehend unbeeinflusst. Dies belegen insbesondere VEP-Studien an Normalprobanden mit simuliertem Nystagmus [1]. Die Beurteilung der Topografie des Musterbeginn-VEPs durch die Messung der interhemisphärischen VEP-Differenz erlaubt den Nachweis von Abnormalitäten des Chiasma opticums und damit die Differenzialdiagnosen Albinismus und Achiasmie bei Nystagmuspatienten [2,3]. Hängt das Vorzeichen der interhemisphärischen VEP-Differenz davon ab, welches Auge gereizt wurde, ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine Sehbahnabnormalität. Die Genauigkeit dieses elektrophysiologischen Ansatzes bei der Detektion der albinotischen Sehnervenfehlkreuzung wurde kürzlich durch die Kreuzvalidierung mit funktioneller Magnetresonanztomografie belegt [4].

Schlussfolgerungen: Musterbeginn-VEPs sind bei Nystagmuspatienten eindeutig Muster-Umkehr-VEPs vorzuziehen und erlauben in Mehrkanalableitungen die Detektion von chiasmatischen Abormalitäten, die mit Nystagmus assoziiert sein können.

Literatur:

[1] Hoffmann MB, Seufert P & Bach M (2004) Clin Neurophysiol 115:2659–65

[2] Apkarian P, Reits D, Spekrejse H, van Dorp D (1983) Electroencephalogr Clin Neurophysiol 55:513–31

[3] Hoffmann MB, Schmidtborn LC & Morland AB (2007) Ophthalmologe 104:666–673

[4] von dem Hagen EAH, Hoffmann MB, Morland AB (2008) Invest Ophthalmol Vis Sci 49:238–249