TumorDiagnostik & Therapie 2012; 33 - A5
DOI: 10.1055/s-0032-1326658

Molekulare Veränderungen bei MDS

D Nowak 1
  • 1Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg

Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind maligne klonale Erkrankungen hämatopoetischer Stamm- oder Progenitorzellen, die durch periphere Zytopenien, hyperplastisches Knochenmark und einem erhöhten Risiko zur Transformation in akute myeloische Leukämien (AML) gekennzeichnet sind. MDS kann in jüngeren Patienten auftreten, ist aber hauptsächlich eine Erkrankung des Alters mit einer starken Zunahme der Inzidenz ab dem 60. Lebensjahr. Die Pathogenese des MDS ist immer noch weitgehend unklar. Eine auf breiter Ebene akzeptierte Hypothese ist, dass hämatopoetische Stamm- und Progenitorzellen im Laufe des Lebens schrittweise molekulare Defekte in Form genomischer und epigenetischer Läsionen akkumulieren, die letztlich zum Auswachsen eines oder mehrerer maligner Zellklone führen. In Übereinstimmung damit fand man bereits vor mehreren Jahren in MDS Zellen häufig Mutationen in Genen, die Proliferation, Zellzyklus und Differenzierung regulieren wie z.B. RAS, FLT3, JAK2, NPM1, P53 und andere. Darüber hinaus findet man mit routinemäßigen Karyotypisierungen in ca. 50% aller MDS Patienten strukturelle genomische Veränderungen und sogar in über 70% der Fälle, wenn man neuere hochauflösende SNP Array Techniken anwendet. Die am häufigsten nachweisbaren zytogenetischen Veränderungen sind die Deletion 5q, Deletion 20q, die Trisomie 8 und numerische Veränderungen des 7er Chromosoms (Monosomie oder Deletion vor allem des langen Armes). Durch die Anwendung von SNP Arrays konnte außerdem gezeigt werden, dass langstreckige Regionen erworbener uniparentaler Disomie ein häufiges Merkmal in Knochenmarkzellen von MDS Patienten sind. Es wird angenommen, dass sich in diesen Regionen Tumorsuppressorgene befinden, die durch den chromosomalen Schaden in ihrer Funktion beeinträchtigt werden oder durch Mutation in ihrer Funktion völlig abhanden kommen. Der Einsatz von „next generation sequencing“

Techniken hat in jüngster Vergangenheit zur Identifikation zahlreicher neuer Genmutationen geführt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rolle in der Pathogenese des MDS spielen. Es sind z.B. zahlreiche Gene von Mutationen betroffen, die epigenetische Vorgänge

regulieren, wie z.B. DNMT3A, TET2, ASXL1 und EZH2. Des Weiteren konnten kürzlich erstmals Mutationen in einer fast pathognomonischen Häufigkeit von bis zu 80% in Genen des Spliceosoms bei MDS Subentitäten mit Ringsideroblasten identifiziert werden. Die Verfügbarkeit von „next generation sequencing“ Techniken wird in Zukunft eine routinemäßige diagnostische Testung auf die identifizierten molekularen Veränderung erlauben. Im Zuge dessen wird sich herausstellen, welche Marker am besten geeignet sind, bestehende prognostische Systeme um molekulargenetische Parameter zu erweitern oder gar als neue Zielstrukturen für Therapien zu dienen.