Dialyse aktuell 2012; 16(6): 315
DOI: 10.1055/s-0032-1323633
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zukünftig mehr Organspender?

Christian Schäfer
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Juli 2012 (online)

Der Juni brachte Neues aus dem Bereich der Transplantation mit sich: Die Gesetze zur Neuregelung der Organspende „Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes“ (Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/53/EU über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe in deutsches Recht) und „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ haben den Bundesrat passiert. Jetzt hofft man, dass die Änderungen letztendlich die Organspenderzahlen in Deutschland erhöhen.

Was aber nährt diese Hoffnungen? Nun, zunächst einmal werden die Krankenkassen dazu verpflichtet, einen Organspendeausweis und Informationsmaterial an ihre Versicherten ab dem 16. Lebensjahr auszugeben. Das soll alle 2 Jahre geschehen, bis die Entscheidung auf der elektronischen Gesundheitskarte dokumentiert werden kann (evtl. ab 2017). Diese Speicherung soll nur mit der Zustimmung der Versicherten stattfinden. Die Bürger bekommen auch bei der Ausgabe von Pässen und Ausweisen Informationsmaterial und Organspendeausweise von den betreffenden Stellen ausgehändigt. Damit will man das Thema „Organspende“ fester in den Köpfen der Bürger verankern.

Potenzial nach oben ist hierbei vorhanden: Laut einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es eine große Anzahl an Menschen, die ihre Organe im Falle ihres Todes spenden würden (etwa 3 Viertel der Bürger in Deutschland), das aber nicht dokumentiert haben (nur 1 Viertel der Bürger hat einen Organspendeausweis). Und es gibt wohl auch Menschen, die bis jetzt unentschlossen oder gegen eine Organspende sind und die sich für einen Organspendeausweis entscheiden, wenn sie sich intensiver mit dem Thema beschäftigt haben. Die Hoffnung auf höhere Organspendezahlen ist meiner Meinung nach daher berechtigt.

Auch für Lebendspender sieht es in Zukunft besser aus: So erhalten diese das volle Nettogehalt (statt bisher 90 %) als Krankengeld von der Krankenkasse des Organempfängers. Außerdem zahlt diese die Kosten für die Organentnahme, Vor- und Nachbehandlungen, die Rehabilitation, die Lohnfortzahlung bis maximal 6 Wochen und die Kosten für eventuelle Folgeerkrankungen des Spenders. Lebendspender sollen zudem bezüglich der notwendigen Therapien keine Zuzahlungen mehr tätigen müssen. Die gesetzliche Unfallversicherung kommt hingegen für die Kosten von nachträglichen Gesundheitsschäden des Spenders auf. Insgesamt ist das nun eine runde Sache.

Aber gibt es nicht noch etwas anderes? Ja, genau – auch für die Krankenhäuser ändert sich etwas: So müssen die Organentnahmekliniken zumindest einen Transplantationsbeauftragten haben. Dieser untersteht direkt der ärztlichen Leitung und darf nicht weisungsgebunden sein. Schade ist hierbei, dass nicht für jede Abteilung, in der es potenzielle Organspender gibt, ein Transplantationsbeauftragter inklusive Vertretung vorgesehen ist, wie auch Dr. Claus Wesslau, ehemaliger Geschäftsführender Arzt der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) in der Region Nord-Ost, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt anmerkte. Denn zum Beispiel Spanien erzielt mit einer großen Dichte an solchen Beauftragten die höchsten postmortalen Organspenderaten Europas. Hier ist also noch Optimierungspotenzial vorhanden.

Nach dem geänderten Transplantationsgesetz benennen zukünftig die zuständigen Behörden die Entnahmekliniken. Ein wichtiger Punkt ist außerdem, dass die DSO als Koordinierungsstelle gestärkt wird. So ist sie für Rückverfolgbarkeit und wesentlich für die Qualität und Sicherheit der Organspende zuständig. Apropos, „Qualitätsmanagement und Sicherheit in der Dialyse“ ist das Schwerpunktthema dieser Ausgabe der Dialyse aktuell – ich empfehle Ihnen hierzu die interessanten Beiträge ab Seite 337.

Alles in allem ist die Tendenz für die Entwicklung der Organspende in Deutschland positiv. Einige Stimmen sagen aber, dass die Gesetzesänderung nicht weit genug geht und noch viel Raum für Verbesserungen bleibt. Das stimmt wohl – und ist somit eine Aufgabe für die Zukunft!