Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A300
DOI: 10.1055/s-0032-1323463

Distribution matters – Umsetzung von individuellen Therapieorientierungswerten erhöht die Ergebnisqualität der Rehabilitation bei chronischen Rückenschmerzen

C Schmidt 1, M Brünger 1, K Spyra 1
  • 1Charité - Universitätsmedizin Berlin, Abteilung Versorgungssystemforschung und Grundlagen der Qualitätssicherung in der Rehabilitation, Berlin

Im Rahmen des Patientenklassifikationsansatzes der Rehabilitanden-Management-Kategorien (RMK) sind auf Grundlage des RMK-Assessments, welches biopsychosoziale Beeinträchtigungen abbildet, Therapieorientierungswerte (TOW) für den ärztlichen Gebrauch erstellt worden. Der Steuerungseffekt dieser TOW vs. usual care wurde in einem multizentrischen, kontrollierten Untersuchungsdesign mit drei Messzeitpunkten evaluiert. Mit Hilfe quantitativer wie qualitativer Methoden wurde die Klinik mit dem höchsten Umsetzungsgrad der Therapievorschläge aus insgesamt 7 Kliniken identifiziert. Für die Kontrollgruppe konnten 84 Patienten mit chronischen Rückenerkrankungen (M40-M54) rekrutiert werden, für die Interventionsgruppe 115. In der Interventionsgruppe lag der Frauenanteil (71,6%) im Vergleich zur Kontrollgruppe (84,3%) statistisch signifikant (p=0,037) niedriger. Für die Eingangsbelastung–gemessen mit dem SF–6D–sowie dem Alter gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Die direkte Messung der Ergebnisqualität zu Reha-Ende mit Hilfe eines Indexes–gebildet aus 4 Fragen zu Effekten der Reha bezüglich Leistungsfähigkeit und Gesundheit–zeigt in einem allgemeinen linearen Modellansatz, dass die Interventionsgruppe statistisch signifikant (p<0,001) stärker von der Rehabilitation profitiert. Ein individuelles Wachstumsmodell mit dem SF–6D als abhängige Variable über 3 Messzeitpunkte zeigt für die Interaktion aus Messzeitpunkt und Treatmentgruppe einen statistisch signifikanten (p=0,048) Effekt an. Folgerichtig lassen die Effektstärken (SRM) für die Interventionsgruppe zu Reha-Ende mit 0,76 vs. 0,56 und Katamnese 0,57 vs. 0,32 auf eine Überlegenheit der TOW schließen. Bei gleichzeitig nicht signifikanter Ausweitung der therapeutischen Leistungen zwischen Kontroll- und Interventionsgruppe ist zu konstatieren, dass die Distribution von therapeutischen Leistungen gemäß biopsychosozialen Beeinträchtigungen die Ergebnisqualität der Rehabilitation verbessern hilft.

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