Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A287
DOI: 10.1055/s-0032-1323450

Fallzahlprognosen in der Versorgungsplanung

B Säfken 1, M Rohde 1, M Mertens 1, R Annuß 2, HJ Appelrath 3, T Kneib 4
  • 1OFFIS - Institut für Informatik, Oldenburg
  • 2LZG.NRW - Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen, Bielefeld
  • 3Universität Oldenburg, Oldenburg
  • 4Universität Göttingen, Göttingen

Die Versorgungsplanung erfolgt bisher sektorenspezifisch, z.B. mit Hilfe analytischer regionaler Bettenbedarfsformeln wie der Hill-Burton-Formel im Rahmen der Krankenhausplanung der Bundesländer. Die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Gewährleistung der ambulanten Versorgung erfolgt durch regionale Verhältniszahlen (Einwohnerzahl/Vertragsärzte). Andererseits werden Krankenhäuser und andere Leistungserbringer durch geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen wie die Umstellung auf ein diagnosebezogenes Fallpauschalensystem ihr Leistungsangebot im regionalen Markt zunehmend konkurrenzfähig ausrichten. Hierzu werden vermehrt eigene Einzugsgebiets-, Konkurrenz- und Kooperationsanalysen sowie Analysen des Marktpotentials genutzt. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass ein zunehmend kleinräumiger, sektorenübergreifender Planungsbedarf besteht, auch aufgrund von Nachwuchsmangel in bestimmten Arztgruppen und neuen Angebotsformen wie medizinische Versorgungszentren.In dieser Forschungsarbeit werden semiparametrische-Regressionsmodelle als fortgeschrittene statistische Verfahren vorgestellt, die die Erstellung kleinräumiger Fallzahlprognosen für die Versorgungsplanung erlauben. Diese werden exemplarisch zur Simulation von Bronchialkarzinom-Fallzahlen im Jahr 2025 unter Berücksichtigung des zeitlichen, räumlichen und altersspezifischen Effekts geschlechtsdifferenziert vorgestellt. Als Datengrundlage dienen öffentlich zugängliche Daten der statistischen Ämter, wie die Krankenhausdiagnosestatistik und Bevölkerungsprognosen. Die Datenanalyse erfolgt hierbei weitgehend datengesteuert und liefert somit quantitativ bewertbare Modelle zur Prognose zukünftiger Inzidenzraten. Die vorgestellten Verfahren können durch die oben benannten Akteure im Gesundheitswesen vielfältig verwendet werden, um zu erwartende Fallzahlen u.a. bei der Krankenhausplanung, in der ambulanten Versorgung oder beim Ausbau von Leistungsangeboten zu berücksichtigen.

Literatur: [1] Deutsche Krankenhausgesellschaft (2010): Bestandsaufnahme zur Krankenhausplanung und Investitionsfinanzierung in den Bundesländern - Stand: September 2010 - Deutsche Krankenhausgesellschaft

[2] Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie), zuletzt geändert am 18. Februar 2010 veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010 S. 1641

[3] Fülöp, Kopetsch, Schöpe (2009): Einzugsbereiche von Arztpraxen und die Rolle der räumlichen Distanz für die Arztwahl der Patienten. In: Strobl, J., Blaschke, T., Griesebner, G. (Hrsg.) Angewandte Geoinformatik 2009, Wichmann, S. 218-227.

[4] Fahrmeir, Kneib, Lang (2009): Regression – Modelle, Methoden und Anwendungen, Springer

[5] Ruppert, Wand, Carroll (2003): Semiparametric Regression, Cambridge University Press

[6] Wood (2006): Generalized Additive Models, Chapman & Hall / CRC

[7] Teiken, Rohde, Mertens (2010): MUSTANG: Realisierung eines Analytischen Informationssystems im Kontext der Gesundheitsberichtserstattung. In: Fähnrich, K.-P., Franczyk, B. (Hrsg.): Informatik 2010 - Neue Perspektiven für die Informatik Band 1, GI, Köllen Druck+Verlag, Bonn, S.253-258.