Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A254
DOI: 10.1055/s-0032-1323417

Ein kritischer Beitrag zur Mindestmengendebatte aus Sicht der evidenzbasierten Medizin

D Pieper 1, T Mathes 1, M Eikermann 1
  • 1Institut für FOrschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Köln

Einleitung:

Regelungen zu Mindestmengen sind Gegenstand heftiger Diskussionen. Hierbei dürfen Leistungserbringer bestimmte Prozeduren nur dann anbieten, wenn eine Mindestanzahl dieser Prozeduren in einem definierten Zeitraum erbracht wird. Ziel der Arbeit ist es zu überprüfen, ob aktuelle systematische Übersichtsarbeiten (SR) geeignet sind, eine Diskussionsgrundlage für Mindestmengenentscheidungen zu bilden sowie Evidenzlücken zu identifizieren.

Methodik:

Es wurde eine systematische Recherche in den Datenbanken Medline, Embase, CDSR, DARE und der HTA Database sowie auf Seiten von HTA-Organisationen nach SR zum Zusammenhang zwischen erbrachter Leistungsmenge eines Krankenhauses und Ergebnisqualität in der Chirurgie durchgeführt. Alle Treffer wurden anhand der a priori definierten Ein- und Ausschlusskriterien auf Relevanz hin überprüft. Anschließend wurde die Qualität der als relevant identifizierten SR mit dem AMSTAR-Instrument bewertet. Relevante Informationen der Studien wurden standardisiert extrahiert, analysiert und zusammengefasst. Alle Schritte wurden unabhängig von zwei Reviewern durchgeführt.

Ergebnisse:

Die Recherche ergab 593 Treffer, von denen 29 relevante Treffer eingeschlossen wurden. Die Ergebnisse weisen in ca. der Hälfte der Studien auf einen Zusammenhang hin. Die Qualität der Reviews war insgesamt nicht zufriedenstellend. Methodische Mängel wurden insbesondere im Hinblick auf das Poolen von Daten sowie die fehlende Berücksichtigung von Kovariablen identifiziert.

Diskussion:

Die methodischen Mängel vieler Arbeiten rufen erhebliche Zweifel hervor, inwieweit die vorhandenen SR dazu geeignet sind eine sinnvolle Evidenzgrundlage für Diskussionen zu Mindestmengenregelungen zu bilden. Zukünftige SR müssen den methodischen Vorgaben der evidenzbasierten Medizin standhalten können. Aufgrund der Komplexität der Fragestellung und den damit einhergehenden heterogenen Studien stellt dies eine besondere Herausforderung dar.