Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A233
DOI: 10.1055/s-0032-1323396

...und umgekehrt! Ergebnisse und Erfahrungen aus der Versorgungspraxis für die Versorgungsforschung – Ergebnisse einer besonderen Offensive für schwerst kranke Mukoviszidose-Patienten

N Niemann 1, P Wenzlaff 1, J Mainz 2
  • 1Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen, Einrichtung der Ärztekammer Niedersachsen, Hannover
  • 2Universitätsklinikum Jena, Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Jena

Einleitung: Für Mukoviszidose (CF) Patienten mit langanhaltend schlechtem klinischen Verlauf wurde ein spezifisches ganzheitliches patientenindividuelles Hilfsprogramm (Versorgungsmodell) mit externer Unterstützung entwickelt, um den progredienten Verlauf aufhalten zu können. Die zielgerichtete Verzahnung der Sektoren ist bei der Versorgung seltener Erkrankungen notwendig. Mit diesen Praxiserfahrungen kann ein Wissenstransfer in Richtung qualitativer Forschung erfolgen. Methodik: Im Rahmen eines 4-jährigen Praxispojektes wurden Managementwerkzeuge wie Checklisten und Projektpläne (inkl. interdisziplinärer Bausteine) entwickelt, die abgestimmte Interventionsprogramme (IVP) mit externer Projektunterstützung (Einwilligung vorhanden) für ausgewählte Kinder und Jugendlichen einer Risikogruppe steuerten und begleiteten. Dabei wurde auf Methoden der Versorgungsforschung zurückgegriffen und diese nach den individuellen Bedarfen der Patienten (Praxis) modifiziert. Ergebnisse: Es liegen Daten aus 63% aller bundesweit aktiven Kliniken vor. Diese haben 43% ihrer Hochrisikopatienten in das Projekt eingeschlossen und mit 158 Projektplänen zwischen 1–4 Jahre betreut. Insgesamt sind 15,1% aller CF-Patienten dieser Hochrisikogruppe zu zuordnen. Während sich der Mittelwert des Lungenfunktionsparameters FEV1 in 3 untersuchten Projektjahren bei den IVP-Patienten stabilisiert, verschlechtert sich dieser in der Vergleichsgruppe im Mittel von 59% auf 53%. Mit dem IVP konnte der Anteil der Patienten die sich verbessert bzw. stabilisiert haben von 33% auf 44% erhöht werden. Diskussion: Mit diesem systemischen Ansatz (interdisziplinärer) gelingt eine Vernetzung zwischen dem Patientenalltag und der vielschichtigen Versorgungslandschaft, der insbesondere für Risikopatienten mit seltenen Erkrankungen überlebenswichtig ist. Eine Übertragung und eine Finanzierung solcher Konzepte im deutschen Gesundheitswesen sind für die Versorgungsforschung von großer Bedeutung.