Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A221
DOI: 10.1055/s-0032-1323384

Integrierte Versorgung für schizophren erkrankte Menschen aus Sicht von Patienten und Angehörigen – Eine qualitative, vergleichende Analyse

T Meyer 1, C Patzelt 2, M Jürgensen 3
  • 1Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 2Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 3Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck / UKSH, Lübeck

Schizophrenie stellt aufgrund der Schwere der Erkrankung, fluktuierender Symptomatik, Neigung zu Rezidiven und Chronifizierung, eingeschränkter Krankheitseinsicht sowie z.T. dramatischer psychosozialen Folgen eine große Herausforderung an eine bedarfsgerechte Versorgung dar. Im sektorisierten Versorgungssystem weisen Modelle der Integrierten Versorgung (IV) ein hohes Potenzial zur Verbesserung der Versorgung auf. Die vorliegende Studie untersucht Unterschiede in der Wahrnehmung von Versorgung nach Einführung eines regionalen IV-Modells von schizophren Erkrankten und Angehörigen. Es wurden 6 Fokusgruppeninterviews mit schizophren Erkrankten und 3 mit Angehörigen durchgeführt. Die Teilnehmer/innen stammen entweder aus der Region mit IV-Modell oder aus einer benachbarten Kontrollregion. Der Leitfaden der Fokusgruppeninterviews fokussierte auf die Versorgungsgestaltung und das Erleben der Versorgung. Die Interviews wurden transkribiert, ihre Inhalte zusammenfassend kategorisiert und diese anschließend kontrastiert zwischen den Personen mit vs. ohne Erfahrung der IV. Den meisten Befragten der IV war ihre Teilnahme am IV-Modell nicht bewusst. Unterschiede zwischen IV vs. Nicht-IV Gruppen bezogen sich primär auf die Sicherheit und Flexibilität, die der ambulante Pflegedienst im IV-Modell gewährleistet. Dies machte sich sowohl im Alltagserleben als auch im Umgang mit Krisensituationen bemerkbar. Keine substanziellen Unterschiede zeigten sich u.a. in Bezug auf die wahrgenommene Zusammenarbeit der Professionellen untereinander, Information und Psychoedukation der Patienten sowie Einbindung und Unterstützung der Angehörigen.Die Ergebnisse der Studie gaben wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des in der Region eingeführten IV-Modells. Mit der Kombination aus tragfähigen Beziehungen, prinzipieller Erreichbarkeit und der Möglichkeit bedarfsgerechter Zuwendung wird die IV in Zukunft eine wichtige Rolle in der Versorgung dieses Personenkreises übernehmen können.