Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A140
DOI: 10.1055/s-0032-1323303

Akzeptanz computerbasierter Diagnostiksysteme bei Rehabilitanden mit muskuloskelettalen Erkrankungen

ED Hipp 1, M Wirtz 2
  • 1Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg
  • 2Pädagogische Hochschule Freiburg, Abteilung für Forschungsmethoden, Freiburg

Computeradaptive Tests (CAT) gelten für Patient-Reported-Outcomes als optimale Basis multidimensionaler, differenzierter Diagnostik (1–3). Jedoch wird die Praxistauglichkeit v.a. bei älteren Patienten kritisch diskutiert. Dieser Beitrag zeigt für das System RehaCAT, (a) wie eine patientengerechte Erhebungsoberfläche entwickelt werden kann, und (b) ob und in welchem Maße Akzeptanz- und Performanzprobleme bestehen. RehaCAT gibt sukzessive Items zu den Konstrukten „Aktivitäten des tägl. Lebens“, „Funktionsfähigkeit obere Extremitäten“, bzw. „untere Extremitäten“ (4) und „Depressivität“ (5) zur Beantwortung vor. Dabei wird die Itemauswahl sukzessive dem Beeinträchtigungsniveau des Patienten angepasst. Die Testung des Systems fand in 4 orthopädischen Rehabilitationskliniken statt (N=228, 19–89 Jahre, m=58,5, sd=15,9, Frauen 58,8%). Computererfahrung wurde nicht vorausgesetzt. Die Akzeptanz der CAT-Testung wurde mittels Fragebogen erhoben (Bedienungsschwierigkeiten, Interesse, Spaß; 1=positivste, 5=negativste Antwort). Das Urteil bzgl. der Bedienbarkeit ist sehr positiv (m=1,3, sd=0,8, 88,7% Stufe 1 „Computer war leicht zu bedienen“). Gleiches gilt für das Interesse (m=1,4, sd=0,8, 76,9% Stufe 1 „War interessant“) und den Spaß an der Computertestung (m=1,4, sd=0,8, 73,7% Stufe 1 „Hat Spaß gemacht“). Zwischen Computerbedienbarkeit und Patientenalter besteht eine schwache aber signifikante Korrelation (r=0,24, p<0,001). Dennoch beurteilen auch 70–79-Jährige (m=1,4) und 80–89-Jährige (m=1,8) die Bedienbarkeit als gut bzw. zufriedenstellend. Ältere Rehabilitanden geben zudem an, mehr Spaß (r=–0,19, p<0,001) und Interesse (r=–0,21, p<0,001) gehabt zu haben.RehaCAT ist eine praktikable und hoch akzeptierte Alternative zu papierbasierten Erhebungsmethoden. Es zeigt, dass die Implementierung moderner IT-Tools durch die Identifikation von Barrieren und die Angleichung von Erhebungsverfahren an Patientenkompetenzen gelingen kann.

Literatur: (1.) Cella, D., Yount, S., Rothrock, N., Gershon, R., Cook, K., Reeve, B., Ader, D., Fries, J.F., Bruce, B., Rose, M., on behalf of the PROMIS Cooperative Group (2007). The Patient-Reported Outcomes Measurement Information System (PROMIS). Medical Care, 45 (5), 3-11.

(2.) Heinemann, A.W. (2005). Putting Outcome Measurement in Context: A Rehabilitation Psychology Perspective. Rehabilitation Psychology, 50, 6-14.

(3.) Wirtz, M., Frey, C., Prinz, E., Forkmann, T., Müller. E. & Böcker, M. (2009). Adaptives Testen. In U. Egner, E. Grosch, H. Klosterhuis, H.G. Verhorst & M. Zellner (Hrsg.): Ergebnisqualität in der medizinischen Rehabilitation, S. 137-162. Berlin: Deutsche Rentenversicherung Bund.

(4.) Wirtz, M., Müller, E., Böcker, M., Forkmann, T., Frey, C. & Bengel, J. (2011). Entwicklung von Itembanken für den Bereich "Funktionsfähigkeit im Alltag" bei Rehabilitanden mit muskuloskeletalen Erkrankungen. DRV-Schriften, Bd.93, 70-71.

(5.) Forkmann, T., Boecker, M., Norra, C., Wirtz, M., Frey, C. & Gauggel, S. (2010). Adaptives Testen in der Psychotherapie: Das Rasch-basierte Adaptive Depressionsscreening (A-DESC). Zeitschrift für Klinische Diagnostik und Evaluation, 3(1), 59-75.