Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A35
DOI: 10.1055/s-0032-1323198

Simulation der Auswirkung einer Aufhebung des Fremd und Mehrbesitzverbots von Apotheken in Deutschland auf die Arzneimittelversorgung im Vergleich zu klassischen Prognosemodellen

W Boecking 1, R Rumm 1
  • 1Allianz München

Gesundheitssysteme verfügen in vielen Bereichen nur über begrenzte Ressourcen. Um diese möglichst effektiv zu verteilen, bedarf es zuverlässiger Prognosen über die Entwicklung der nächsten Jahre. Beispiele sind Kostenentwicklungen im Gesundheitswesen, demografische Entwicklungen, Prävalenzveränderungen, Versorgungsdichte, etc. Aufgrund der inzwischen umfassenden und exakten Datenerfassung können mit verschiedenen statistischen Extrapolationsverfahren relativ zuversichtliche Aussagen für die kommenden Jahre getroffen werden. Dies lässt sich am Beispiel der Entwicklung der Arzneimittelversorgung in Deutschland zeigen, deren Entwicklung seit der Einführung des GKV-Modernisierungsgesetzes relativ stetig und vorhersehbar verläuft. Durch regulatorische Eingriffe oder medizinischen Fortschritt sind jedoch statistisch unvorhersehbare Veränderungen innerhalb eines Gesundheitssystems in kürzester Zeit möglich. Doch oftmals liegen bereits Daten aus anderen Ländern vor, die in der Vergangenheit einen ähnlichen Veränderungsprozess durchlaufen sind. Mit neueren mathematischen Verfahren kann so die Auswirkung eines regulatorischen Eingriffs wesentlich exakter simuliert werden und sogar gesundheitspolitische Diskussionen mit datenbasierten Fakten unterstützen. Die hier durchgeführte Simulation einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzes deutscher Apotheken auf Basis analoger Deregulation in anderen europäischen Ländern zeigt eine deutlich andere Entwicklung als klassische Prognosemodelle. So wird als Folge eine stark wachsende Marktmacht von Filial- bzw. Kettenapotheken zulasten der ländlichen Arzneimittelversorgug und der traditionellen inhabergeführten Einzelapotheke prognostiziert, von denen nur ein Teil der Patienten profitieren kann.