Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A26
DOI: 10.1055/s-0032-1323189

Worin manifestiert sich eine eventuelle augenärztliche Unterversorgung sozial schlechter gestellter Menschen? – Ergebnisse einer Pilot-Querschnittsstudie im Rahmen der „Oberhausener Tafel“

BB Bestges 1, CC Lösche 1, F Krummenauer 2
  • 1Augenklinik am Evangelischen Krankenhaus Mülheim / Ruhr, Mülheim / Ruhr
  • 2Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie der Universität Witten/Herdecke, Witten

Fragestellung: Nicht unmittelbar notwendige augenärztliche Untersuchungen werden oft nicht wahrgenommen, sodass Unterversorgungen erst im Spätstadium erkannt werden. Diese anonymisierte Querschnittsstudie sollte hierfür sensitive Screening-Indikatoren quantifizieren.

Methodik: Im September 2011 wurde eine anonyme augenärztliche Untersuchung angeboten für alle Menschen, die an diesem Tag Angebote der „Oberhausener Tafel“ in Anspruch nahmen. Es erfolgte eine Bestimmung des mit optimal eingestellter Brille erreichbaren Visus via Autorefraktometer sowie eine Visusprüfung ohne / mit Brille (wenn vorhanden) sowie eine Beurteilung des vorderen und hinteren Augenabschnittes. Als primärer Endpunkt wurde ein mindestens einseitig erreichbarer Visus >0,5 definiert, wenn auf dem betreffenden Auge der bestverfügbare („presenting“) Visus ≤ 0,5 war.

Ergebnisse: Von 38 Untersuchten verfügten 28 über eine Brille. Für den hiermit erhobenen bestverfügbaren Visus ergab sich ein links- und rechtsseitiger Median von 0,63. Im Vergleich dazu ergab sich der best-erreichbare Visus jeweils im Median zu 0,8. Bei 54% der Untersuchten lag der bestverfügbare Visus auf einem oder beiden Augen ≤ 0,5; dieser Anteil ließe sich auf 30% nach Korrektur des objektiven Refraktionsfehlers auf einem oder beiden Augen senken. Insgesamt 46% der Untersuchten zeigten im Vergleich von bestverfügbarem zu korrigiertem Visus ein „Steigerungspotential“ um mindestens zwei Visusstufen auf mindestens einem Auge.

Schlussfolgerung: In der untersuchten Bevölkerungsgruppe ließe sich der Visus für fast jede zweite Person u.a. durch Ausgleich von Refraktionsfehlern um mindestens zwei Stufen steigern. Mit Blick auf den hieraus ableitbaren Handlungsbedarf sollten niederschwelligere Zugänge zu Untersuchungen ermöglicht werden.