Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A19
DOI: 10.1055/s-0032-1323182

Anwendung der Netzwerktheorie zur Analyse von Behandlungskostenpfaden – Morbiditäts- und Erkrankungsbezogene Modellierung von Versichertenkosten

A Baumgart 1
  • 1Mannheim Institute of Public Health, Social and Preventive Medicine, Mannheim

Hintergrund: Die Gesundheitsversorgung wird zu einem großen Teil durch die Strukturen und Vernetzungen der Dienstleister im Gesundheitswesen beeinflusst (Christakis 2004; Braun, Gröbner et al. 2008). So unterscheiden sich Patienten einer bestimmten Region mit gleichem Gesundheitsproblem (z.B. Diabetes) in der Inanspruchnahme der Gesundheitsversorger. Dabei wird angenommen, dass sogenannte integrierte Gesundheitsstrukturen eine bessere Ergebnisqualität bei gleichen/geringeren Kosten erbringen. Methode: Die vorliegende Netzwerkanalyse basiert auf Daten und Informationen einer Subpopulation mit Kostendaten aus dem Jahr 2010 (N=2050, Durchschnittsalter 61 Jahre, 63,91% Frauen) eines Versorgernetzwerks. Die Versicherungskosten für die Patienten aus der Inanspruchnahme der Dienstleister betrugen 40,5% Krankenhauskosten, 6,7% Arztkosten im integrierten Netzwerk, 13,6% andere Ärzte und 20,4% Medikationskosten (übrige Kosten verteilt auf alle anderen Leistungserbringer). In der Netzwerkanalyse wurde eine Aufteilung der Versichertendaten und Leistungshistorien nach Morbiditätsgruppen und Erkrankungsclustern gebildet., z.B. Cluster kardiovaskuläre, metabolische, psychische und neurologische sowie onkologische Erkrankungen. Ergebnisse: Die Netzwerkanalyse kann für die Steuerung der Patienten im Leistungserbringernetzwerk oder zur Prämienberechnung für Erkrankungs- und Leistungserbringergruppen je nach Beanspruchungserwartungen (und damit Kostenentwicklung) gebildet werden. Für Hauptkostenverursacher sind Analysen auf Leistungserbringer und Patientenebenen sinnvoll; dies ist auch der Unterschied zum Clustern von Patientenkollektiven in Morbiditätsanalysen, in der nur sinnvolle Prognosen aufgrund von Gruppen im Kollektiv vollzogen werden können. Die Simulation der Modelle ergab, dass für die gewählten Indikatoren insbesondere der Indikator Grad der Vernetzung eine gute Abbildung für die durch Kostenverschiebungen verursachten Änderungen in den Beziehungsstrukturen ergibt.

Literatur: Braun, G. E., M. Gröbner, et al. (2008). „Evaluation of health care networks: Results of an empirical study.“ Gesund ökon Qual manag 13(6): 358-364.

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