Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A9
DOI: 10.1055/s-0032-1323172

Tagesmedikamentenkosten im ambulanten Sektor – wie viel geben wir wirklich aus?

G Aßmann 1, T Fiß 2, P Marschall 3, S Fleßa 3, W Hoffmann 4
  • 1Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Teilstandort Rostock/Greifswald, Greifswald
  • 2Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Greifswald, Greifswald
  • 3Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement, Greifswald
  • 4Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine Abteilung, Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald

Hintergrund:

Auf Grund des demografischen Wandels steigt die Zahl altersassoziierter Krankheiten. Durch die damit verbundene intensive Arzneimitteltherapie ist das Gesundheitssystem auch in diesem Bereich mit zunehmenden Ausgaben konfrontiert. Unser Ziel war die Berechnung der Tagesmedikamentenkosten für regelmäßig eingenommene Medikamente (Rx- und OTC-Präparate) bei Patienten aus der AGnES-Hausbesuchspopulation.

Methoden:

Zur Berechnung wurden die aktuellen Apothekenabgabepreise genutzt, die automatisch auf Basis des GKV-Arzneimittelindex zum Zeitpunkt der Erhebung erfasst wurden. Fehlende Angaben wurden durch DDD-Kosten aus dem Arzneimittelverordnungsreport ergänzt.

Ergebnisse:

Das Durchschnittsalter der 778 teilnehmenden Patienten lag bei 78,8 Jahren (Frauen n=555; 71,3%). Durchschnittlich wurden 6,3 Medikamente (7,8 Wirkstoffe) am Tag regelmäßig eingenommen. Von 4985 regelmäßig eingenommenen konnten für 4936 (99,0%) ein Tagesmedikamentenpreis berechnet werden. Dieser lag durchschnittlich bei 68,9 Euro-Cent (SD: 367,3). Die durchschnittlichen Tagesmedikamentenkosten pro Patient lagen bei 437,2 Euro-Cent (SD: 1042,7). Unsere Analysen zeigten, dass das Alter, der Bildungsabschluss, die Anzahl der eingenommenen Medikamente (p<0,001), die Pflegestufe (p<0,01) und das Geschlecht (p<0,05) mit der Höhe der Tagesmedikamentenkosten assoziiert waren. Kein Zusammenhang ließ sich zwischen den Tagesmedikamentenkosten und Faktoren wie Schulbildung oder Wohnsituation erkennen.

Diskussion:

Die berechneten Tagesmedikamentenkosten pro Patient (MW) sind im Vergleich mit anderen Publikationen (z.B. Arzneimittelverordnungsreport) um bis zu 75,2% höher. Dies ist vermutlich (1) auf die überdurchschnittlich alte, morbide Studienpopulation und (2) die Berücksichtigung der OTC-Präparate, die in Analysen der GKV (AVR, Arzneimittelatlas) vernachlässigt werden, zurückzuführen. Die Evaluation eines zielgerichteten Medikamentenmanagements muss das Ziel weiterführender Studien sein.