Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - KT_41
DOI: 10.1055/s-0032-1323042

Hydration oder Dehydration in der Sterbephase älterer Menschen? Ein integratives Review

R Mazzola 1, G Bartoszek 2, I Schneider 2, B Lassen 2, G Meyer 2
  • 1Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung, Promotionskolleg 'NutzerInnenorientierte Gesundheitssicherung', Bremen, Germany
  • 2Private Universität Witten/Herdecke gGmbH, Fakultät für Gesundheit, Department für Pflegewissenschaft, Witten, Germany

Fragestellung: Expertenempfehlungen zur Flüssigkeitsgabe am Lebensende älterer pflegebedürftiger Menschen sind widersprüchlich. Dehydration wird als symptomlindernd diskutiert, Hydration soll u.a. das Risiko für Dekubitus mindern. Das Review untersucht die Motive der Entscheidungsfindung über Hydration oder Dehydration und die Auswirkungen auf die Symptombehandlung bei sterbenden älteren Menschen.

Methodik: Die systematische Suche erfolgt in CINAHL, der Cochrane Library und PubMed im Zeitraum 1995–2010; 01/2012 erfolgt ein Update. Einschlusskriterien: Ältere pflegebedürftige sterbende Menschen, ambulantes oder stationäres Setting, deutsch-, englischsprachig. Ausschlusskriterien: Patienten im Koma, assistierter Suizid, Demenz. Recherche, Volltextsichtung und kritische Beurteilung anhand etablierter Instrumente erfolgt durch zwei unabhängige Autorinnen. Unstimmigkeiten werden durch Konsensverfahren gelöst. Durch Inhaltsanalyse werden die folgenden Schlüsselphänomene identifiziert: Klinische Symptome, Interaktion und Entscheidung, Lebensqualität, Applikationsformen.

Ergebnis: Von 231 identifizierten Publikationen (Reviews n=12; Surveys n=2; klinische Studien n=10; qualitative Studien n=2) entsprechen n=26den Einschlusskriterien. Die eingeschlossenen Studien weisen durchgehend limitierte methodische Qualität auf. Die vorliegende Evidenz lässt in Bezug auf die Symptombehandlung (z.B. Durst) keine schlüssige Aussage für oder gegen eine Hydration/Dehydration zu. Ambivalenz und Defizite in der Informationsweitergabe prägen die Interaktion. Tendenziell bekunden Betroffene eine positive Einstellung gegenüber der Flüssigkeitsgabe und orientieren sich an den Präferenzen des Behandlers. Nur wenige Studien untersuchen die Lebensqualität mit inkonsistenten Ergebnissen.

Schlussfolgerung: Die vorliegende Evidenz lässt keine Aussage zu Wirksamkeit, Nutzen und Notwendigkeit von Dehydration/Hydration zu. Klinische Studien mit patientenrelevanten Endpunkten werden benötigt.