Hintergrund: Während die olfaktorische und gustatorische Wahrnehmung aus naturwissenschaftlicher
und aus philosophischer Sicht gegenüber anderen Sinnsystemen häufig eine Abwertung
erfährt, weisen Kulturgeschichte und Alltagserfahrungen auf eine subjektive Bedeutung
für Personen hin. Geruch und Geschmack begleiten den Menschen vom Mutterleib an im
gesamten Leben. Eine Klärung ihrer Bedeutung im Lebensverlauf nimmt ältere Menschen
in den Blick.
Methoden: Eine systematische Literaturrecherche bereitete die Konzeptionierung und Durchführung
eines qualitativen Experiments zur Bedeutung von Geruch und Geschmack im Lebensverlauf
vor. Es nahmen vierzehn Besucher von Seniorenkreisen in vier Versuchen an dem qualitativen
Experiment teil. Die Reaktionen der Teilnehmer auf ausgewählte Riech- und Schmeckproben
und erinnerte Gerüche und Geschmäcke wurden erhoben. Die Auswertung der Daten erfolgte
modifiziert nach dem qualitativ heuristischen Verfahren und der qualitativen Inhaltsanalyse.
Ergebnisse: Die Literaturrecherche zeigt zur olfaktorischen und gustatorischen Wahrnehmung im
Alter vorwiegend quantitative klinische Studien mit pathologischem Fokus. Das qualitative
Experiment führt zu der Erkenntnis, dass Geruch und Geschmack im Lebensverlauf älterer
Menschen individuelle kulturelle, ökologische und biographische Bedeutungsstrukturen
aufweisen, die Ressourcen darstellen.
Schlussfolgerung: Die Methode des qualitativen Experimentes ist für die Untersuchung der Bedeutung
von Geruch und Geschmack durch ihre Verbindung von aktuell vorhandenen Gerüchen und
Geschmäcken und biographischen Erinnerungen geeignet. Die vorliegende Studie stellt
eine erste Annäherung an die Bedeutung von Geruch und Geschmack im Lebensverlauf dar.
Eine ressourcenorientierte Betrachtung von Geruch und Geschmack fordert eine Sensibilisierung
für sowie konzeptionellen und praktischen Einbezug von alltags- und biografieassoziiertem
Geruch und Geschmack in der angewandten Gerontologie und in anderen Fachbereichen.