RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0032-1322930
Zur Praxis komplementärer Heilverfahren in deutschen Hospizen
Fragestellung: Weltweit werden zur Schulmedizin komplementäre und alternative Behandlungsformen in Hospizarbeit und Palliative Care verstärkt genutzt. Ziel der vorliegenden explorativen Studie ist es zu beleuchten, welche konkreten Verfahren in deutschen Hospizen angeboten werden, wer diese Angebote in welcher Form nutzen darf und welche Wirkungen durch die komplementäre Praxis in den Hospizen zu beobachten sind.
Methodik: Als methodischer Rahmen für die qualitative Studie dienten Elemente der Grounded Theory und der Intuitive Inquiry. Es wurden insgesamt zwanzig multiperspektivische qualitative Interviews mit Leitenden (n=7), komplementären PraktikerInnen (n=8) und MedizinerInnen (n=5) sowie sechs Gruppendiskussionen mit multiprofessionellen Teams in deutschen Hospizen geführt.
Ergebnis: Das Angebot an komplementären Verfahren in deutschen Hospizen ist äußerst heterogen und wird – je nach Hospiz – nicht nur von Sterbenden, sondern auch von An- und Zugehörigen sowie Professionellen genutzt. Wirkungen zeigen sich auf bio-psycho-sozial-systemischen Ebenen sowie auf Team- und Organisationsebene und reichen von Schmerzreduktion, Steigerung der Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit über Verbesserung der multiprofessionellen Teamarbeit bis hin zur Irritation von Organisationsabläufen im Hospiz. Im Rahmen komplementärer Behandlungen kommt es auch zu spirituellen bzw. transzendenten Erfahrungen Betroffener, die oftmals nonverbal oder in Form von Metaphern kommuniziert werden.
Schlussfolgerung: Die Anwendung und Nutzung komplementärer Verfahren im Hospiz hat neben der Wirkung auf Symptom-, Person- und Organisationsebene auch grundlegende konzeptionelle Bedeutung für Hospizarbeit und Palliative Care. Komplementäre Ansätze leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag für eine ganzheitliche palliative Schmerzkultur, die im Sinne des „Total Pain“ Konzeptes von Cicely Saunders, neben bio-psycho-sozialen, auch spirituelle Dimensionen berücksichtigt.