Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - A35
DOI: 10.1055/s-0032-1322925

Ärztliche Kommunikation bei schwierigen Entscheidungen am Ende des Lebens

M Weber 1
  • 1Universitätsmedizin Mainz, Interdisziplinäre Einrichtung für Palliativmedizin, Mainz, Germany

Das Leitbild des mündigen Patienten impliziert, dass auch am Ende des Lebens Entscheidungen im Einklang mit dem Patientenwillen zu treffen sind. Auf der anderen Seite zeigen sich Patienten und Angehörige gerade in der existenziellen Ausnahmesituation eines eng begrenzten Lebenshorizontes nicht selten überfordert, wenn von ihnen in einer solchen Situation Entscheidungen von großer Tragweite verlangt werden. Gelingende ärztliche Kommunikation in diesem Kontext setzt zunächst voraus, dass den Beteiligten die ethische Grundlage derartiger Entscheidungsprozesse bewußt ist. So kann etwa die Verantwortung für die Unterlassung oder Nicht-Fortführung medizinischer Behandlungsmaßnahmen, aus denen kein medizinischer Nutzen für den Patienten erwächst, nicht an den Patienten oder seine Vertreter delegiert werden. Hier sind vielmehr im ärztlichen Gespräch die maßgeblichen Gründe für eine solche Entscheidung auf sachgemäße und einfühlsame Weise zu vermitteln, so dass sie nachvollziehbar ist und mitgetragen werden kann. In anderen medizinisch weniger eindeutigen Fragestellungen mit mehreren vertretbaren Optionen besteht die Kunst der Kommunikation darin, den Patienten zu einer authentischen Entscheidung zu „geleiten“, so dass mit der Behandlungsmaßnahme tatsächlich Therapieziele im Sinne des Patienten erreicht werden können. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind insbesondere eine nicht direktive, nicht bevormundende Gesprächsführung, Sensibilität für die unausgesprochenen Ängste und Wünsche des Patienten und ein echtes Interesse an seiner Biografie und seinen Wertvorstellungen. Bei Entscheidungen am Ende des Lebens wünschen sich Patienten und ihre Angehörigen noch mehr als sonst eine vertrauensvolle Beziehung zu ihrer Ärztin/ihrem Arzt. Ärztliche Kommunikation, die sich stets als ein prozesshaftes Geschehen verstehen sollte, kann hierzu einen zentralen Beitrag leisten.