Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - A14
DOI: 10.1055/s-0032-1322904

Arbeit=Kraft x Weg? – Stellenwert der Selbstfürsorge

S Jünger 1
  • 1Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Palliativmedizin, Bonn, Germany

Die Definition der Palliativversorgung beinhaltet den Anspruch der ganzheitlichen Fürsorge für den Patienten und seine Angehörigen. Behandler machen jedoch häufig die Erfahrung, dass hoher Einsatz für dieses Ideal nicht in angemessenem Verhältnis zur Versorgungsrealität steht. Insbesondere vor dem Hintergrund der sich verändernden Hospiz- und Palliativlandschaft mit einem wachsenden Maß an Professionalisierung, Spezialisierung und auch Kommerzialisierung stehen Behandler vor der Herausforderung, Erschöpfungsfallen in ihrem Arbeitsumfeld konstruktiv zu begegnen.

Forschungsergebnisse legen nahe, dass nicht allein das Ausmaß der objektiven Belastung entscheidend für die Arbeitszufriedenheit ist, sondern die Balance zwischen Engagement und Erfüllung. Die gleiche Tätigkeit kann eine Quelle der Genugtuung sein, wenn man die Chance hat, sie gut zu machen und die entsprechenden persönlichen, zeitlichen und institutionellen Ressourcen dazu zur Verfügung stehen – oder Stress auslösen, wenn eben diese Ressourcen fehlen und man in Konflikt mit den eigenen Werten und Ansprüchen gerät.

Ausschlaggebend für die Balance ist auch die Kongruenz zwischen den Anforderungen der Tätigkeit und den persönlichen Stärken. In pflegenden und helfenden Berufen finden sich häufig Menschen mit einem hohen Niveau an Empathie und persönlichem Engagement. Einerseits ein Vorteil für eine patientennahe Versorgung, kann dies zugleich auch verwundbarer gegenüber Belastungen machen. Die Resilienz im Sinne der persönlichen Widerstandsfähigkeit und als Fähigkeit, aktiv einen Rahmen von Sinnhaftigkeit und Bedeutsamkeit herzustellen, wird als entscheidend für das Wohlbefinden der Behandler gesehen.

Die Selbstfürsorge verdient demnach einen hohen Stellenwert in der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie in den Organisationsstrukturen der Palliativversorgung, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Fähigkeit zu unterstützen, über einen längeren Zeitraum hinweg effektiv in diesem Bereich arbeiten zu können.