Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - A7
DOI: 10.1055/s-0032-1322897

„Wenn ich dran bin, bin ich dran” – Was Wohnungslose zum Sterben auf der Straße sagen. Eine qualitative Studie

B Jaspers 1, 2, M Becker 1, 3, C King 1, J Song 4, F Nauck 1
  • 1Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen, Germany
  • 2Universitätsklinik Bonn, Klinik für Palliativmedizin, Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Bonn/Rhein-Sieg, Bonn, Germany
  • 3HAWK Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, Hildesheim, Germany
  • 4University of Minnesota Medical School, Center for Bioethics; Department of Medicine, Minnesota, United States

Hintergrund: Ziel der Studie war es, erstmalig Themen zu ermitteln, die für wohnungslose Menschen (W) in Deutschland in Bezug auf ihre Versorgung am Lebensende (EoLC) relevant sind.

Methode: Strategische Literaturrecherche, Übersetzung des semistrukturierten Interviewleitfadens (IL) von Song et al. (2007), Diskussion des IL in der Forschergruppe (Arzt, Philosoph, Soziologen) und mit Teilnehmern (DW) eines Runden Tisches (Dienste für W in Köln/Bonn). Abstimmung mit DW über Sicherheit von W sowie ethische Aspekte. Pretest. Rekrutierung über niedrigschwellige Dienste (ND). Interviews (INT) wurden aufgezeichnet und transkribiert. Qualitative Inhaltsanalyse (Mayring) und induktive Kategorisierung; Software MAXQDA 2007. Separate Analyse durch 3 Forscher, danach Diskussion von Kategorien/Themen, bis ein Konsens erzielt war.

Ergebnis: Von 11/2010–01/2011 INT von 15 W (Alter 47,2±13,5 (25–73) Jahre; 13(86,7%) ♂); Ausbildungsjahre und Jahre (J) im Berufsleben: 13,1±3,2(10–20)/17,8±14,4 (14,5–48); 1. Wohnungsverlust vor 11,6±8,6(1–27)J; Alter bei Verlust 35,7±15,3(16–65); Länge INT 33:52±10:40 (22:42–1:00:28)min. Selbsteinschätzung Gesundheitsstatus auf NRS [0=sehr schlecht; 10=sehr gut] 6,4±1,8(2,5–9,0). Vergl. mit Song et al. zeigten die W wenig Vorbeschäftigung mit dem Thema. Kategorien: Lebensverlängernde Maßnahmen, Suizid, allein Sterben, romantische Vorstellungen, Sterben in Würde, in Erinnerung bleiben, Schmerzen, Vertrauen, emotionale Kälte, kein Thema. Einfluss durch zugrundeliegende Themen: Autonomie, Würde, Vertrauen, Fatalismus.

Schlussfolgerung: Verglichen mit Song et al. zeigten sich positivere Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen und Vertrauen in Bereitstellung einer guten EoLC durch den Staat. ND könnten das Bewusstsein unter W für Belange der Versorgung am Lebensende schärfen.

Literatur: Song et al., JGIM 2007;22:435–441

Förderung: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung