Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - PL_5
DOI: 10.1055/s-0032-1322890

Emotionsmanagement im Netz: Bewältigung von Krankheit, Sterben und Tod in Sozialen Netzwerken. Emotional Sharing=Coping

K Döveling 1
  • 1Technische Universität Dresden, Institut für Kommunikationswissenschaft, Dresden, Germany

Junge Menschen, wie Ben Breedlove1 oder sogar Kinder, wie die zwölfjährige Jessica Joy Rees2 führten es uns vor Augen: Sie teilten ihr Schicksal, schwer erkrankt zu sein und damit ihre Angst, ihre Hoffnung, ihre Trauer, öffentlich im Social Web. Beide starben an lebensbedrohlichen Krankheiten und erregten durch ihre Geschichten weltweit großes Aufsehen. Doch: Nicht nur Menschen, die mit dem Tod kämpfen, bewältigen ihre Gefühle online, auch die, die eine geliebte Person verloren haben, trauern öffentlich im Social Web auf virtuellen Friedhöfen, den sogenannten Memorials.3 Hinzu kommt, dass Internetforen wie Facebook mittlerweile als eines der wichtigsten Bestandteile des Internets gesehen werden, als Informationsquellen und Kommunikationsorte. Foren sind nach Meißelbach (2009, S. 30) „thematisch gegliederte, asynchrone Diskussionsportale“. Die rapide Entwicklung von IT-Technologien hat zur Entwicklung neuer Foren beigetragen, in denen Menschen ihr (Mit-) Gefühl teilen können (Sanderson und Cheong, 2010, S. 328). Und damit verbunden nimmt das Trauermanagement in der virtuellen Welt des interaktiven Social Webs zu. Der Vortrag geht dieser emotionalen Kommunikation von persönlichem Leid in Foren nach. Vor dem Hintergrund des menschlichen Affiliationsbedürfnisses, dem „need to belong“ (Baumeister und Leary, 1995), folgen sodann die forschungsleitenden Fragen:

Wieso trauern Menschen online und teilen somit ihre Gefühle mit einem unbekannten Publikum?

Wie bewältigen Menschen ihre Trauer im Zeitalter des Social Web?- Entsteht eine neue Form des Emotionsmanagements (Döveling, 2012)?

Führt das „anonyme Teilen“ zu einer Intensivierung der Emotionen oder durch „online emotional openness, personal exploration, and interpersonal support“, (Preece und Ghozati, 2001, S. 241) zu einer emotionalen Entlastung? Und:

Trauern sie anders als im realen Leben?

Nach einer theoretischen Bestandsaufnahme zum Thema Trauer und Emotionen, dem „Social Sharing of Emotions“ (Rimé et al. 1998; Rimé et al., 1992) zeigen drei aktuelle Untersuchungen die Vielschichtigkeit des virtuellen Emotionsmanagements auf.

In einer qualitativen Inhaltsanalyse von Online-Trauererfahrungsberichten wird den Motivstrukturen des emotionalen Austauschs im Netz nachgegangen.

Hieran anschließend wird der Prozess des emotionalen Austauschs dargestellt.

Zudem wird mittels einer Onlinebefragung das Emotionsmanagement in Online-Foren weiter konkretisiert.4

In einem Ausblick wird ein Vergleich von virtuellem Emotionsmanagement und Emotionsmanagement im direkten realen Austausch vorgenommen. Dabei wird die Frage des „Emotional Sharing als Emotional Coping“ vor dem Hintergrund der drei Studien diskutiert und Herausforderungen an künftige Forschungen thematisiert.