Hintergrund: Das Bild kritisch kranker Patienten mit schwerer Sepsis oder septischen Schock auf
Intensivstationen (ITS) wird von Immobilität und Bettruhe bestimmt. Eine wesentliche
Folge ist die zunehmende physische Dekonditionierung der Patienten während ihres ITS-Aufenthaltes,
die den klinischen aber auch ambulanten Krankheitsverlauf erheblich beeinflusst. Um
dieser Entwicklung entgegen zu wirken, stellt die frühe physiotherapeutische Intervention
(PTI) eine Therapiestrategie in der Behandlung dieser Patienten dar. Ziel: In zwei unabhängigen Studien sollte erfasst werden, inwieweit die frühe PTI in das
Behandlungskonzept bei septischen Patienten am Universitätsklinikum in Jena implementiert
ist und ob die Häufigkeit der PTI den akuten Krankheitsverlauf positiv beeinflussen
kann (Studie I, retrospektiv). Darüber hinaus wurde erhoben, welche physiotherapeutischen
Maßnahmen angewendet und welche Therapieziele dabei verfolgt werden (Studie II, prospektiv).
Ergebnisse: Retrospektiv wurden 16.041 Patienten analysiert, wobei 999 die Kriterien für schwere
Sepsis oder septischen Schock erfüllten. Die Mortalitätsrate septischer Patienten
betrug 30,8% und die mittlere ITS-Liegedauer 12 Tage. Insgesamt wurden 9.476 PTI angewendet,
die auf 77% der Patienten entfielen. Die PTI-Rate (PTI/Liegedauer) bei Patienten mit
schwerer Sepsis oder septischen Schock betrug 42%. Regressionsanalysen zeigten auf,
dass die PTI-Rate ein starker Prädiktor für die ITS-Mortalität ist. Als wichtigste
Therapieziele konnten prospektiv die Prophylaxe/Therapie von Kontrakturen und Pneumonien
erhoben werden, wobei passive Mobilisierungsmaßnahmen, die Atemtherapie und Lagerungstherapie
am häufigsten angewendet wurden. Schlussfolgerung: Erstmalig wurde die Implementierung von physiotherapeutischen Maßnahmen und deren
mögliche Auswirkungen bei Patienten mit Sepsis analysiert. Hieran sollten sich weitere
Studien anschließen.