Ultraschall Med 2012; 33 - A602
DOI: 10.1055/s-0032-1322693

Zwei Fälle eines Uterus bicornis – Was haben sie gemeinsam?

AL Hasenau 1, U Heemann 1 K Stock 1,
  • 1Klinikum rechts der Isar, DE München

anna-lena.hasenau@gmx.de

Einleitung:

In unserem Ultraschalllabor stellte sich eine 26-jährige Patientin mit rezidivierenden Harnwegsinfekten bei einseitiger Nierenagenesie und bekanntem Uterus bicornis bicollis vor. Die Koexistenz renaler und genitaler Fehlbildungen veranlasste uns dazu, alle kürzlich unserem Labor aufgetretene Fälle eines Uterus duplex zu analysieren.

Patientin 1: Bei der heute 26-jährigen Patientin ist erstmals mit 12 Jahren im Rahmen der Abklärung rezidivierender Bauchschmerzen eine rechtsseitige Nierenagenesie diagnostiziert worden. Eine weitere Abklärung erfolgte damals nicht. Für die Schmerzen zeigte sich keine erklärliche Ursache. Mit 16 Jahren – ca. 9 Monate nach der Menarche – klagte die Patientin über starke Unterbauchschmerzen. Es erfolgte eine gynäkologische Untersuchung, die im vaginalen Ultraschall den Verdacht auf eine (Ovarial-)Zyste stellte. Die daraufhin durchgeführte Laparoskopie zeigte jedoch einen Uterus bicornis und transvaginal zeigte sich ein Hämatometrokolpos, welcher eröffnet wurde. Das Septum reichte von der Portio zur lateralen Vaginalwand und wurde in einer zweiten Operation komplett entfernt. Seither ist die Patientin bis auf rezidivierende Harnwegsinfektionen beschwerdefrei. Die Patientin ist Nullipara.

Patientin 2: Eine 42-jährige Patientin stellte sich ebenfalls zur Abklärung rezidivierender Harnwegsinfektionen vor. Zwei Jahre zuvor war eine Nephroureterektomie links bei hydronephrotischer Sackniere im Rahmen eines vesikoureteralen Refluxes durchgeführt worden. Aus der Anamnese ist bekannt, dass bei der Patientin im Alter von vier Jahren eine Politano-Leadbetter-Operation bei Ostiumfehlanlage links durchgeführt wurde. Mit 23 Jahren wurde bei der Abklärung von Kohabitationsschmerzen ein Uterus bicornis bicollis mit doppelter Vagina diagnostiziert. Es wurde eine operative Korrektur der doppelten Vagina durchgeführt. Die Patientin ist mittlerweile Mutter eines 17-jährigen Sohnes. In der aktuellen Untersuchung zeigt sich eine Hydronephrose Grad II der rechten Niere. Der Ureter lässt sich bis zur Harnblasenmündung verfolgen. In der Kontrastmittel-gestützten Refluxdiagnostik mittels intrakavitärer KM-Applikation in die Harnblase lässt sich ein Spontanreflux nachweisen.

Schlussfolgerungen:

Fazit Ein Uterus bicornis zählt zu den häufigsten kongenitalen Uterusfehlbildungen, welcher aufgrund einer inkompletten Verschmelzung der Müllerschen Gänge in der Embryonalzeit entsteht. Studien zeigen, dass es hierbei gehäuft auch zu Fehlbildungen des urethrorenalen Systems kommt. So haben Mädchen mit einseitiger Nierenagenesie in bis zu 70% auch Genitalfehlbildungen, wie in Fallbeispiel 1 beschrieben.

Sicherlich wird im frühen Kindes- und Jugendalter die gynäkologische Untersuchung der inneren Genitale selten durchgeführt. Eine Abdomen-Sonografie wird jedoch insbesondere im Kindesalter häufig durchgeführt. Sollte hierbei auf einer Seite eine Niere nicht auffindbar sein, muss neben der dystopen Niere auch die einseitige Nierenagenesie differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Lässt sich nun durch das Fehlen einer A. renalis auf der betroffenen Seite die einseitige Nierenagenesie nachweisen, so sollte aufgrund der gemeinsamen embryologischen Entwicklung auch nach Fehlbildungen der inneren Genitale gesucht werden. Dies kann zu einer frühzeitigen Evaluation einer operativen Korrektur führen und somit den betroffenen Frauen Schmerzen und Notoperationen ersparen. Zudem kann eine mögliche Schwangerschaft, die bei doppelter Uterusanlage mit einem erhöhten Abortrisiko behaftet ist, genauer überwacht werden.