gregor.wolf@uks.eu
Zur Beurteilung des Schluckaktes werden aktuell der Ösophagusbreischluck als bildgebendes
Verfahren und die FEES (fiberoptic endoscopic examination ofswallowing) als klinisch
endoskopische Untersuchung genutzt. Bei beiden Verfahren wird die Bolusbildung, die
Schluckeinleitung sowie die Schluckpassage beurteilt. Die Diagnostik mittels Gastrografin
unter kontinuierlicher Durchleuchtung bietet eine Beurteilung des gesamten Schluckaktes
beginnend in der Mundhöhle bis zum Kontrastmittelübertritt in den Magen. Nachteilig
an diesem Verfahren ist die Strahlenbelastung des Patienten. Passagestörungen werden
indirekt an einem Verhalt des Gastrografin diagnostiziert und müssen dann anatomischen
oder pathologischen Schluckhindernissen zugeordnet werden. Weitere Nachteile sind
mögliche allergische Reaktionen auf Gastrografin und die Beschränkung auf eine Konsistenz
im Untersuchungsverfahren. Die fiberoptische endoskopische Untersuchung des Schluckaktes
ermöglicht eine direkte Ansicht der Einleitung des Schluckens und auf pathologische
Raumforderungen im Bereich der Zunge, des Zungengrundes und des Hypopharynx. Funktionelle
Störungen in diesem Bereich können unter direkter Sicht diagnostiziert werden. Nachteilig
bei diesem Verfahren ist die fehlende Beurteilbarkeit der ösophagealen Phase des Schluckaktes.
Sonografische Untersuchungen des Schluckaktes im Bereich der Mundhöhle, der Zunge
und des Zungengrundes wurden vielfach durchgeführt und publiziert. Hierbei konnte
stets eine gute Beurteilbarkeit nachgewiesen werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob eine Sonografie des Schluckaktes im
Bereich des Zungengrundes, des Hypopharynx und des oberen Ösophagusdrittels möglich
ist und ob zusätzliche Erkenntnisse zu den etablierten Verfahren gewonnen werden können.
Es wurden 50 gesunde Probanden sonografisch untersucht. Als Ausschlusskriterien wurden
anamnestische Schluckbeschwerden, Erkrankungen im Bereich der Zunge und des Zungengrundes,
des Oro- und Hypopharynx, des Larynx, des Ösophagus und im Bereich der Schilddrüse
festgelegt. Die Untersuchungen wurden mittels eines Siemens X300 Ultraschallgerätes
mit einemMultifrequenz- Schallkopf im THI-Verfahren durchgeführt. Die Lagerung der
Probanden erfolgte auf dem Rücken liegend mit einer Nackenrolle unter dem Hals. Zunächst
wurde der Zungengrund, die Schilddrüse und der sonografisch sichtbare Anteil des Ösophagus
in Millimetern vermessen. Im Anschluss wurde der Ösophagus im Längsschnitt eingestellt
und die Probanden schluckten nacheinander ihren Speichel, einen Schluck Wasser und
einen Teelöffel voll Götterspeise. Die Passage im Bereich des oberen Ösophagusdrittels
konnte videodokumentiert werden. Jeweils ein wenig erfahrener und ein erfahrener Ultraschalluntersucher
(mindestens Degum Stufe 2) führten die Sonografien gemeinsam durch. Bei fast allen
Probanden ließen sich die genannten anatomischen Strukturen darstellen. Bei der Untersuchung
des Schluckaktes ließen sich zumeist alle Wandschichten des Ösophagus darstellen.
Hierbei konnte die Kontraktionswelle des Einschluckens, die Passage der verschiedenen
Medien, ein gelegentliches Nachschlucken als auch der Verhalt von Resten des jeweiligen
Mediums oder Luftblasen im Bereich des oberen Ösophagusdrittels dargestellt werden.
Alle drei geschluckten Medien (Speichel, Wasser, Götterspeise) ließen sich sonografisch
anhand ihrer Echostruktur und Ösophaguspassage identifizieren und voneinander unterscheiden.
Schlussfolgerung/Summary:
Die Sonografie des oberen Ösophagusdrittels mit Funktionsuntersuchung des Schluckaktes
stellt eine neue Möglichkeit der Beurteilung von Schluckstörungen dar. Sowohl die
Geschwindigkeit der Muskelkontraktionswelle im Bereich der einzelnenWandschichten
als auch die Aufdehnung des Ösophagus mit Passage der einzelnen geschluckten Medien
konnte sicher dargestellt werden. Perspektivisch können obstruktive und funktionelle
Passagestörungen im Bereich des oberen Ösophagus dargestellt werden.
Weitere Untersuchungen in diesem Bereich werden von den Autoren durchgeführt.
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- FEES - Schluckdiagnostik