Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0032-1322105
Determinanten des Bewegungs- und Sozialverhaltens von Kindern im Kontext von Kindergarten und Familie
Hintergrund: Umfassende Kenntnisse zu Determinanten von körperlich-sportlicher Aktivität sind eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung und Umsetzung effektiver Präventionsmaßnahmen, die einen aktiven Lebensstil fördern und Inaktivität reduzieren. Das vom Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung geförderte Forschungsprojekt untersucht den Zusammenhang zwischen systematischen Bewegungskonzepten in Kindergärten, familienbezogenen Determinanten und dem Bewegungsverhalten, den Gesundheitsressourcen und Peer-Interaktionen von Vorschulkindern. Es wird analysiert, inwieweit systematisch geförderte Bewegung in Kindergärten das Bewegungsverhalten, Wohlbefinden und Sozialverhalten von Kindern beeinflusst. Zudem wird überprüft, welchen Einfluss die Eltern auf das Bewegungsverhalten der Kinder haben.
Methoden: In der ersten Forschungsphase erfolgte online und schriftlich eine Vollerhebung der Bewegungskonzepte und -angebote der Kindergärten in Niedersachsen (N=4.114). Für die Identifikation von systematischen Bewegungskonzepten wurden folgende Kriterien zu Grunde gelegt: (1) Vorhandensein von systematischen Bewegungsangeboten für alle Kinder im wöchentlichen Turnus, (2) Qualifikation mindestens einer/s Erzieherin/s im Bereich Bewegung, (3) bewegungsfreundliche Einrichtung (z.B. Bewegungsraum, situative Bewegungsgelegenheiten) und (4) Umsetzung der systematischen Bewegungsförderung seit mindestens 2 Jahren. Zur Untersuchung der Effektivität systematischer Bewegungsförderung im Kindergarten wurden in der zweiten Forschungsphase Kontrastanalysen mit „Kindergärten ohne Bewegungskonzept“ und „Kindergärten mit systematischem Bewegungskonzept“ durchgeführt. Die Erhebung des Wohlbefindens sowie des Bewegungs- und Sozialverhaltens erfolgte mittels schriftlicher Befragung der Eltern sowie persönlicher Befragung der Kinder (214 Kinder aus Kindergärten mit systematischem Bewegungskonzept und 178 Kinder aus Kindergärten ohne Bewegungskonzept). In der dritten Forschungsphase wurden anhand ethnographischer Fallstudien die konkreten Bewegungsaktivitäten und Angebotsstrukturen von vier Kindergärten sowie die Peer-Interaktionen der Kinder (n=16) analysiert.
Ergebnisse: Die Responserate der Bestandeserhebung in den Kindergärten beträgt 59% (n=2.415). Die Kriterien für ein systematisches Bewegungskonzept erfüllen 23% (n=554) der Kindergärten 3% (n=64) der Kindergärten setzen kein Bewegungskonzept um. Die übrigen Kindergärten führen in unterschiedlichem Umfang Bewegungsförderung für die Kinder durch, jedoch nicht systematisch. 77% der Kindergärten ohne Bewegungskonzept sind kleine Einrichtungen (<40 Kinder). Bei Kindergärten mit systematischem Bewegungskonzept trifft dies auf ein Drittel der Kindergärten zu. In beiden Gruppen liegen ca. 10% der Kindergärten in einem sozialen Brennpunkt. Insbesondere ein Mangel an räumlichen, finanziellen und personellen Ressourcen beeinflusst die Umsetzung systematischer Bewegungskonzepte in den Kindergärten. Die ethnographischen Fallstudien zeigen einen positiven Einfluss systematischer Bewegungsförderung in Kindergärten auf die körperlich-sportliche Aktivität und das Sozialverhalten von Vorschulkindern. Kinder in Kindergärten mit systematischem Bewegungskonzept nehmen häufiger an Bewegungsaktivitäten teil als Kinder in Kindergärten ohne Bewegungskonzept. Zudem wird beobachtet, dass die Peer-Interaktionen zwischen den Kindern ausgeprägter sind.
Schlussfolgerung: Positiv zu bewerten ist, dass nur eine geringe Anzahl an Kindergärten in Niedersachsen keine Bewegungsförderung durchführt, gleichzeitig wird nur in einem Viertel der Kindergärten Bewegung systematisch gefördert. Systematische Bewegungsförderung trägt zu einer aktiven Alltagsgestaltung der Kinder bei, zudem weisen die Kinder bessere soziale Kompetenzen auf. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts ermöglichen es zudem, den Einfluss familienbezogener Determinanten (sportbezogenes Vorbild- und Unterstützungsverhalten, Erziehungsstil, Familienzusammenhalt) auf die körperlich-sportliche Aktivität der Kinder zu bewerten.