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DOI: 10.1055/s-0032-1322042
Bedarf und Erwartungen an einen innovativen, technologiebasierten Gesundheitsassistenten für türkische Migrantinnen und Migranten (GeM-Projekt)
Einleitung/Hintergrund: MigrantInnen zeigen eine geringere Inanspruchnahme von Präventionsangeboten. Der Zugang zu Präventionsangeboten wird erschwert durch kulturelle oder sprachliche Barrieren. Durch den Einsatz kultursensibler Konzepte bieten technologiebasierte Lösungen im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung möglicherweise große Potentiale, um vor allem schwer erreichbare Gruppen wie Migranten besser zu erreichen und bestehende Zugangsbarrieren zu bisherigen Präventionsangeboten zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des GeM Projekts, in Kooperation zwischen dem DAI-Labor der TU Berlin, dem AOK-Bundesverband und dem BIPS, ein innovativer, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) basierter Gesundheitsassistent (GA) für türkische Migranten entwickelt und evaluiert.
Daten/Methoden: Zur Rekrutierung der StudienteilnehmerInnen wurde ein kultursensibles und settingbasiertes Rekrutierungskonzept entwickelt. Im Rahmen der Bedarfsanalyse wurden 13 Familien, davon 9 Familien mit türkischem Migrationshintergrund sowie 4 deutsche Familien als Kontrollgruppe aus verschiedenen Stadtteilen Bremens rekrutiert und hinsichtlich ihrer Bedürfnisse und Wünsche zu Art, Umfang und Anwendungsmöglichkeiten eines IKT basierten GA interviewt. Die StudienteilnehmerInnen konnten im Projektverlauf einen Prototyp des GA in verschiedenen Entwicklungsstadien testen. Sie wurden dabei zur Bewertung des Assistenten sowie zur Umsetzung ihrer Wünsche befragt und anschließend konnten die Anregungen in die Weiterentwicklung des GA einfließen. Die Erhebungen sind anhand qualitativer Interviews mithilfe eines zuvor entwickelten Interviewleitfadens bilingual durchgeführt und anschließend übersetzt worden. Die Auswertung erfolgte computergestützt und mittels zusammenfassender Inhaltsanalyse nach Mayring.
Ergebnisse: In den Ergebnissen der Bedarfsanalyse stellen die Berücksichtigung der Sprache und der persönliche Kontext wie Alter, Geschlecht sowie Ernährungsgewohnheiten und -unverträglichkeiten wichtige Elemente dar. Aufgrund der Ergebnisse wurde der GA aus zwei Diensten entwickelt: dem Gesundheitsinformationsdienst (GID) zur Verbesserung der Versorgung mit gesundheitsrelevanten Informationen und dem Präventionsdienst (PD) zur Motivation und Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen. Im PD sind die Funktionen Ernährungsassistent und Aktivitätsassistent enthalten sowie die Erinnerungsfunktion für anstehende Präventionsmaßnahmen. Dabei wurde besonders auf einen multimodalen und multilingualen Zugang zu Informationen sowie auf eine kontextsensitive Ausrichtung der Dienste geachtet. Die erste Evaluation des Prototyps zeigt, dass insbesondere die multilinguale, individuelle Such- und Antwortfunktion sowie die einfache Handhabung des GA einen bequemen Zugang zu gesundheitsspezifischen Informationen und Diensten bieten und dem Bedarf der StudienteilnehmerInnen aus der ersten Bedarfserhebung entsprechen. Die Nutzungswahrscheinlichkeit hängt laut den Evaluationsergebnissen hauptsächlich mit der Verständlichkeit und Darstellung der Informationen sowie den Bedarf im alltäglichen Gebrauch zusammen. Für die Optimierung der Nutzungswahrscheinlichkeit fließen derzeit die Anregungen der StudienteilnehmerInnen in die Weiterentwicklung des GA ein.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die Bereitschaft zur Nutzung und die erwünschten Funktionen lassen auf Interesse und Bedarf an einer IKT basierten GA schließen. Für die StudienteilnehmerInnen stellt der innovative GA eine Lösung zur Überwindung von Sprachbarrieren dar. In wieweit die Umsetzung der Anforderungen und Wünsche zu einer höheren Nutzungswahrscheinlichkeit im Alltag beitragen kann, hängt mit der Umsetzung der bisherigen Evaluationsergebnisse im Rahmen der Weiterentwicklung des GA ab. Hierzu erfolgen weitere Evaluationen.