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DOI: 10.1055/s-0032-1322036
Welche Faktoren beeinflussen eine Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkassen bei der Teilnahme an verhaltenspräventiven Maßnahmen? Eine Analyse mit Daten aus der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA) 2009
Einleitung/Hintergrund: Verhaltenspräventive Maßnahmen sollen das individuelle Gesundheitsverhalten durch Information, Beratung und das Einüben neuer Verhaltensweisen fördern. Für Erwachsene bieten diese Angebote unter anderem die gesetzlichen Krankenkassen an, insbesondere zu den Themen Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung/Entspannung. Die gesetzlichen Krankenkassen können sowohl zur Erhöhung der Breitenwirksamkeit und Nachhaltigkeit als auch zur erleichterten Inanspruchnahme durch sozial Benachteiligte die Kosten für präventive Maßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Unsere Studie untersucht die Faktoren, die eine teilweise oder vollständige Kostenübernahme für die Teilnahme der gesetzlich Krankenversicherten an verhaltenspräventiven Maßnahmen beeinflussen.
Daten/Methoden: Die GEDA-Studie 2009 ist eine repräsentative Befragung der deutschsprachigen Wohnbevölkerung ab 18 Jahren. Zwischen Juli 2008 und Juni 2009 wurden 21.262 computergestützte Telefoninterviews durchgeführt die Ausschöpfung auf Zielpersonenebene betrug 51,2%. Für unsere Studie wurden 17.599 Personen einbezogen, die angaben, in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert zu sein, dies sind 86,7% aller Befragten. Es wurden die Teilnahme an Maßnahmen zur Ernährung, Bewegung und Entspannung und die Art die Kostenübernahme (keine, teilweise oder vollständige Kostenübernahme) erhoben. Untersuchte Einflussfaktoren waren Geschlecht, Alter, Sozialstatus und Kassenart. Nach deskriptiven Analysen kamen multivariate binäre logistische Regressionsanalysen mit SPSS 18.0 zum Einsatz.
Ergebnisse: Bei der Kostenerstattung von Ernährungsmaßnahmen hatte das Geschlecht keinen signifikant unabhängigen Einfluss. Die 18- bis 39-Jährigen erhielten signifikant weniger häufig (OR (Odds Ratio) =0,71% p<0,1) eine Kostenerstattung als die über 60-Jährigen. Personen mit niedrigem Sozialstatus konnten 2,3-fach häufiger eine Kostenübernahme in Anspruch nehmen als mit hohem Sozialstatus (OR=2,29 p<0,01). Versicherte der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) bekamen häufiger (OR=1,46 p<0,05) eine Übernahme ihrer Kosten als Versicherte der Ersatzkassen (EK). Bei der Bewegungsförderung waren Alter und Geschlecht keine signifikant unabhängigen Einflussfaktoren für die Kostenübernahme. Für Personen mit mittlerem Sozialstatus war die Chance einer Kostenübernahme um den Faktor 1,26 erhöht (OR=1,26 p<0,05) im Vergleich zu Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit hohem Sozialstatus. Die AOK (OR=1,27 p<0,05) und Betriebskrankenkassen (BKK) (OR=1,39 p<0,01) finanzierten signifikant häufiger Maßnahmen als die EK. Auch bei den Entspannungsangeboten erwiesen sich Geschlecht und Alter als nicht signifikante Faktoren hinsichtlich der Kostenübernahme. Die Chance für eine Kostenübernahme war bei niedrigem Sozialstatus mehr als doppelt so hoch (OR=2,69 p<0,01) und bei mittlerem Sozialstatus um den Faktor 1,29höher (OR=1,29 p<0,1) als mit hohem Sozialstatus. Die BKK (OR=1,64 p<0,01) und die hier unter „andere“ subsumierten Krankenkassen (Innungskrankenkassen, See-Krankenkasse oder Knappschaft, Landwirtschaftliche Krankenkasse) (OR=2,00 p<0,05) finanzierten ihren Versicherten die Teilnahme an den Maßnahmen häufiger als die EK.
Diskussion/Schlussfolgerungen: In den Präventionsbereichen Ernährung und Entspannung war der Sozialstatus der stärkste unabhängige Einflussfaktor für eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen, nicht aber für den Präventionsbereich Bewegung. Bei den Präventionsmaßnahmen zur Bewegung hatte die Kassenart einen geringfügig größeren Einfluss als der Sozialstatus. Alter und Geschlecht erwiesen sich insgesamt nicht als unabhängige Einflussfaktoren. Insgesamt sind verstärkte Bemühungen von Seiten der Anbieter von verhaltenspräventiven Maßnahmen notwendig, um speziell die schwer erreichbare Zielgruppe der sozial benachteiligten Personen durch Anreize zu erreichen, z.B. durch eine finanzielle Unterstützung.